EU-Parlament gegen Internet-Sperren
Das EU-Parlament hat sich mit knapper Mehrheit wegen Sperren des Netzzugangs nach Urheberrechtsverletzungen, wie sie etwa in Frankreich geplant sind, ausgesprochen.
Die EU-Parlamentarier stimmten Donnerstagmittag im Zuge der Abstimmung über den federführend vom französischen sozialdemokratischen Abgeordneten Guy Bono erarbeiteten Bericht zur Kulturwirtschaft mehrheitlich gegen Unterbrechungen des Internet-Zugangs bei Urheberrechtsverletzungen.
Der entsprechende Änderungsantrag [Ziffer 22 a] kam in zwei Teilen zur Abstimmung. Dem ersten Teil, in dem Kommission und Mitgliedsstaaten aufgefordert wurden, das Internet als "Plattform für die kulturelle Ausdrucksmöglichkeit, den Zugang zum Wissen und die demokratische Teilhabe an der europäischen Kreativität" anzuerkennen und Maßnahmen zu unterlassen, die unter anderem im "Widerspruch zu den bürgerlichen Freiheiten und den Menschenrechten" stehen, stimmten 575 EU-Parlamentarier zu.
Knappes Ergebnis
Der zweite Teil des Änderungsantrags, in dem "Unterbrechungen des Internet-Zugangs" als Mittel zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen ausdrücklich abgelehnt werden, wurde von 314 Abgeordneten angenommen. 297 Abgeordnete stimmten dagegen. 14 EU-Parlamentarier enthielten sich der Stimme.
Der Bericht zur Kulturwirtschaft wurde vor dem EU-Parlament mit 586 Ja-Stimmen gegen 36 Nein-Stimmen angenommen.
Französisches Modell
Damit stellte sich das EU-Parlament mehrheitlich gegen Vorhaben, wie sie derzeit etwa in Frankreich geplant sind.
Dort soll Nutzern, die wiederholt nicht lizenzierte urheberrechtlich geschützte Inhalte im Netz anbieten oder herunterladen, der Internet-Zugang nach zweimaliger Verwarnung kurzerhand gekappt werden.
Auch in Großbritannien werden solche Maßnahmen diskutiert. An eine Einschaltung eines Gerichts bei der Netzsperre ist in beiden Ländern nach den bisher bekanntgewordenen Plänen nicht gedacht.
"Nicht einfach drüberfahren"
Der vom EU-Parlament am Donnerstag angenomme Bericht hat zwar keine gesetzgebende Wirkung, bereitet jedoch weitere Schritte der EU vor. Die EU-Kommission will etwa noch heuer dem EU-Rat und dem EU-Parlament eine Empfehlung zu "kreativen Inhalten im Online-Binnenmarkt" zur Abstimmung vorlegen.
Bei der Konsultation zu der Empfehlung wurden auch Stellungnahmen zu Internet-Sperren und -Filtern bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Netz eingeholt. Die Chancen, dass sich auch Internet-Sperren nach dem französischen Modell in der Empfehlung der Kommission finden, sind mit dem Nein der Parlamentarier deutlich gesunken.
Die EU-Kommission nehme solche Signale für gewöhnlich ernst, sagte die sozialdemokratische österreichische EU-Abgeordnete Christa Prets am Dienstag zu ORF.at: "Sie kann nicht einfach drüberfahren."
(futurezone | Patrick Dax)