Datenspeicher-Einigung bis Jahresende
Auch nach dem EU-Sondertreffen der Innen- und Justizminister am Mittwoch in Brüssel gibt es keine Einigung über die von vier Mitgliedsstaaten geforderte Vorratsspeicherung sämtlicher Telefonie- und Internet-Verbindungsdaten für bis zu 48 Monate.
Österreich stehe dem Vorhaben "nach wie vor vorsichtig" gegenüber, erklärte Justizministerin Karin Miklautsch [BZÖ] nach dem Ministerrat.
Eine Speicherung für ein Jahr, wie derzeit vorgesehen, kann sie sich zwar vorstellen, plädierte aber dafür, "sensible Daten" nur sechs Monate aufzubewahren. Als Beispiel dafür nannte Miklautsch Internetverbindungen.
Eine Arbeitsgruppe soll nun bis Oktober 2005 Vorschläge für den entsprechenden EU-Beschluss ["Data Retention"] ausarbeiten.
Innenministerin Liese Prokop [ÖVP] kündigte nach dem Treffen an, dass es eine grundsätzliche Evaluierung der Sinnhaftigkeit der Speicherung von Telekomdaten geben soll. Es soll dabei auch bewertet werden, welche Vorteile diese zur Bekämpfung des Terrors bringe.
Während Großbritannien, Irland, Schweden und Frankreich zuletzt eine Vorratsdaten-Speicherpflicht von mindestens einem Jahr bis zu 48 Monaten fordern, will die EU-Kommission eine Frist von sechs Monaten bis maximal einem Jahr, um die Kosten für die Telekom-Konzerne in Grenzen zu halten.
"Datenspeicherung auf Vorrat unrealistisch"Schüssel: Datenspeicherung allein keine Lösung
Um eine Speicherung von Inhalten der Telefongespräche gehe es in der Diskussion definitiv nicht, betonte Miklautsch. Dies sei auch nicht mit der österreichischen Verfassung zu vereinbaren. Auch sei weiterhin ein Gerichtsbeschluss notwendig, um auf die Daten Zugriff zu haben, meinte sie.
"Wenn gewünscht wird, dass man die Datenspeicherung von sechs auf zwölf Monate ausdehnt, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen", erklärte unterdessen auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im "Standard". Allerdings sei damit der Stein der Weisen noch nicht gefunden, um präventiv Terroranschläge wie in London unmöglich zu machen.
"Das erleichtert die Verfolgung, aber die Verhinderung solcher Straftaten ist damit nicht gewährleistet. Da ist eine sorgsame Überwachung von Netzwerken erforderlich, eine präventive Strategie im Vermeiden von Radikalisierungen, im Aufspüren von Rekrutierungsmöglichkeiten".
Hier sei Österreich Vorreiter. "Wir schaffen in der Schengen-Gruppe mit Deutschland, Frankreich, Spanien und den Benelux-Staaten ein Kerneuropa der Sicherheit," so der Bundeskanzler.
Zugriff auf DNA- und Fingerabdruck-Daten
"Ab dem Herbst kann die Polizei über die Grenzen hinweg auf
heikle Daten zur Terrorbekämpfung zugreifen. Das sollte auf die
gesamte EU ausgeweitet werden", so Schüssel weiter.
Gesetzesänderung nötig
Sollte es eine EU-weit vereinheitlichte Verpflichtung zur Vorratsspeicherung von Telekom-Daten geben, wird in Österreich eine Gesetzesänderung notwendig, so Miklautsch: Derzeit gebe es keine Rechtsgrundlage, die Telekomfirmen zu zwingen, die Telefondaten von sich aus vorrätig zu halten.
Beide Ministerinnen sprachen nach dem Ministerrat von einem "Zusammenrücken" der EU-Staaten: "Wir haben heute gezeigt, dass die Solidarität untereinander besteht", so Prokop.
Nötig sei ein Vorantreiben der Anti-Terroragenda: "Es ist deutlich gesagt worden, dass die Fristen, die man gesetzt hat, deutlich zu lang waren."