Private Überwacher als Video-Hilfssheriffs
Der Entwurf zur Novelle des Datenschutzgesetzes führt unter anderem das Konzept einer zentralen Datenbank aller genehmigten privaten Videoüberwachungsanlagen ein. Bei Bedarf soll die Polizei auf die Daten aus diesen Anlagen zugreifen dürfen.
Kernstück der derzeit laufenden ersten größeren Novellierung des österreichischen Datenschutzgesetzes, das seit dem Jahr 2000 im Wesentlichen kaum verändert wurde, ist die Regelung der Videoüberwachung.
Bis jetzt wurden derartige Begehren - etwa die Montage von Kameras in U-Bahn-Garnituren und die Mistkübelüberwachung im Gemeindebau - jeweils einzeln von der Datenschutzkommission genehmigt.
Die dabei in der Regel gesetzte Frist von 48 Stunden, nach der die Aufzeichnungen gelöscht werden müssen, ist im Gesetzesentwurf, der am Freitag in Begutachtung ging, nunmehr eingeschrieben.
Digitale Zufallsfunde
Nicht mehr meldepflichtig sind laut § 50c Systeme, die ausschließlich in Echtzeit überwachen oder bei denen die Aufzeichnung analog erfolgt. Als Beispiel wird ein VHS-Recorder aufgeführt. Wo digital aufgezeichnet wird, dort sind die Daten jedenfalls bei Ermittlungen der Polizei zur Verfügung zu stellen. Als Basis dient die Anfrage zur "Abwehr eines gefährlichen Angriffs" nach dem Sicherheitspolizeigesetz [§ 50a (3) 5].
Ein Stück weiter im Text wird präzisiert: "Auch wenn sich die Handlung oder der Angriff nicht gegen das überwachte Objekt richten", können die Aufnahmen bei dem Verdacht auf strafbare Handlungen, die zufällig mitgefilmt wurden, verwertet werden.
Die Überwacher-Datenbank
Die Meldung einer derartigen "Anlage ist in elektronischer Form im Wege der vom Bundeskanzler bereitzustellenden Internet-Anwendung einzubringen. Identifizierung und Authentifizierung haben mit der Bürgerkarte [§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes, BGBl. I Nr. 10/2004] zu erfolgen", heißt es in § 17 [1a]. Das heißt, es wird eine Datenbank angelegt, die Ort, Zeit und Speicherdauer und sonstige Details über die genehmigten aufzeichnenden Anlagen enthält.
Der Zugriff
Da Datenbanken bekanntlich nach allen möglichen Kriterien durchsuchbar sind, ist es mit ein paar einfachen Eingaben möglich, Standort und Aufzeichnungsdauer privater Videoanalagen im Umkreis eines Tatorts blitzschnell zu eruieren.
Das betrifft nicht nur den Zeitraum von 48 Stunden, denn die "Datenschutzkommission hat auf Antrag des Auftraggebers eine längere Aufbewahrung zu genehmigen, wenn dies aus besonderen Gründen zur Zweckerreichung regelmäßig erforderlich ist" [§ 50b [2]].
Die Bedienung
Bleibt es bei dieser Regelung, könnte damit zu rechnen sein, dass sich ermittelnde Behörden dieser Datenbank in Zukunft ebenso ausgiebig bedienen, wie die Zahl der Anfragen nach IP-Adressen und Mobilfunk-Standortdaten seit der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes in die Höhe geschnellt ist.
Wie die bisherige Praxis gezeigt hat, wurde keineswegs nur im Zusammenhang mit schweren Verbrechen oder gar Terrorismus zwecks "Gefahrenabwehr" angefragt, in einem Gutteil der bekanntgewordenen Fälle ging es um Handydiebstähle oder um bösartigen Schabernack.
Was nicht geändert wurde
Neben der erstmaligen Regelung der Videoüberwachung wurde auch die Einsetzung eines Datenschutzbeauftragten in größeren Betrieben erstmalig einer Regelung zugeführt.
Dazu kommen ein paar geringfügige Veränderungen bezüglich der Datenschutzkommission. Die wichtigste Forderung seitens der EU-Kommission und Datenschützern, nämlich dass die per EG-Richtlinie bereits 1997 geforderte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Datenschutzorgane endlich eingeführt werden solle, behebt auch diese Novellierung nicht.
Die Datenschutzkommission bleibt so auch weiterhin direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt und ohne eigenes Budget.
Das Überleben von § 8
An § 8 der Novelle zum Datenschutzgesetz 2008 ist ganz besonders von Interesse, ob er die Begutachtung unbeschadet übersteht.
Der stellt wenigstens in der vorläufigen Fassung eindeutig fest, dass das Recht auf den Schutz persönlicher Daten dann nicht verletzt sei, wenn ein Untersuchungsausschuss des Parlaments oder eines Landtags die Daten anfordere.
Datenschutz durch Schwärzung
Das bezieht sich auf die in U-Ausschüssen hierzulande übliche Praxis betroffener Ministerien, dafür benötigte Dokumente unter Berufung auf den Datenschutz großzügig mit Schwärzungen unlesbar zu machen.
Dabei geht es um Untersuchungen bei begründetem Verdacht in Zusammenhang mit Amtsmissbrauch, Korruption von "hoheitlichen" Organen, also Beamten und Vertretern der Legislative, die eben auch für diese Novelle des Datenschutzgesetzes verantwortlich sind.
Die Allgegenwart
"Durch die fortschreitende Entwicklung der Videotechnologie ist auch die Überwachung von Orten, Gegenständen und Personen durch Kameras beinahe allgegenwärtig geworden", heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf, der dieser Erkenntnis durchwegs Rechnung trägt.
(futurezone | Erich Moechel)