Streit über Autobahnüberwachung

17.04.2008

Eine Kombination zweier Bestimmungen aus dem Sicherheitspolizeigesetz und dem Entwurf zur Datenschutzgesetzesnovelle würde der Polizei ohne richterliche Kontrolle den Zugriff auf die Autobahn-Videoüberwachung der ASFINAG erlauben. Das glauben der LIF-Abgeordnete Alexander Zach und ARGE-Daten-Obmann Hans Zeger. Das Innenministerium weist die Bedenken zurück.

Zach und Zeger befürchten, dass die Polizei unkontrollierten Zugang zu den Videoüberwachungssystemen der ASFINAG bekommen könnte. Das System der ASFINAG umfasst rund 2.000 Videokameras, die zu Zwecken der Verkehrsüberwachung, bei der Lkw-Mautkontrolle und auch in der Section-Control eingesetzt werden.

Indizien dafür fänden sich im Arbeitsprogramm der Bundesregierung, sowie in einer Kombination zweier Paragrafen des am 6. Dezember 2007 von SPÖ und ÖVP novellierten Sicherheitspolizeigesetzes [SPG] und der sich derzeit in Begutachtung befindlichen Novellierung des Datenschutzgesetzes [DSG], die vom Bundeskanzleramt betrieben wird.

Im Arbeitsprogramm der Regierung sei unter Federführung des Innenministeriums der Punkt "Verkehrsüberwachung" angegeben, der bis zum Juni abgearbeitet sein müsse. Laut Paragraf 54 Abs. 4b SPG darf die Polizei zur Fahndung Geräte zur Kennzeichenerkennung einsetzen. Das neue Datenschutzgesetz wiederum erlaube der Polizei den Zugriff auf private digitale Überwachungssysteme [§50a 5] zur "Abwehr eines gefährlichen Angriffs" gemäß SPG.

Datenschutz entsichert

Nachdem vergleichbare Pläne zum Einsatz von Mauterfassungssystemen zu Fahndungszwecken auch in Deutschland durchgesetzt werden sollen und beispielsweise der niederösterreichische Sicherheitsdirektor Franz Prucher Ende Februar gefordert hatte, die Verkehrsüberwachungskameras der ASFINAG im Kampf gegen die Kriminalität einzusetzen, sei es logisch, dass das Innenministerium an entsprechenden Plänen arbeite, so Zach.

Zeger: "Bisher war es der ASFINAG möglich, auf Grundlage des Datenschutzgesetzes SPG-Anfragen der Polizei zurückzuweisen. Nach der Novelle des DSG müsste sie die Daten ohne richterlichen Beschluss an die Polizei herausgeben."

Zach und Zeger sprachen sich gegen eine pauschale und verdachtsunabhängige Überwachung der österreichischen Autobahnen durch ein solches System aus. Zum Kampf gegen Autodiebstähle seien solche Maßnahmen auch wenig geeignet. "Die professionellen Autodiebe tauschen die Kennzeichen aus oder nehmen sie ab und schaffen die Fahrzeuge auf Lastwagen beiseite. Damit ist die Kennzeichenüberwachung nutzlos und man erwischt höchstens die kleinen Gelegenheitsdiebe", so Zeger.

Anfrage läuft

Zach hat am 8. April im Nationalrat eine Parlamentarische Anfrage an das Innenministerium gestellt, in der er wissen will, welche Maßnahmen das Ministerium genau plane. Auf diesbezügliche telefonische Anfragen habe das Ministerium nicht reagiert.

Generell fordert Zach, dass automatisierte Überwachungssysteme nur anlassbezogen und nicht flächendeckend von den Behörden eingesetzt werden dürften. Dabei sei auf die Gewaltenteilung zu achten und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Polizei mit ersten Tests zufrieden

Die österreichische Polizei führte bereits 2007 Tests mit automatisierten Kennzeichenerfassungssystemen durch. Von Mai bis September 2007 hatten mit der experimentellen Anlage 18 gestohlene Autos geortet werden können.

Ministerium: Kein automatischer Abgleich

In einer am Donnerstag über die APA verbreiteten ersten Reaktion teilte die Pressestelle des Innenministeriums mit, dass weder eine "verdachtsunabhängige Speicherung mit Hilfe von ASFINAG-Kameras" noch ein automatischer Abgleich dieser Daten geplant sei.

Es gehe darum, Radarfotos und Daten der Section-Control, die im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren genutzt würden, auch zu Fahndungszwecken und zur Aufklärung von Straftaten heranziehen zu können.

Bei dem Punkt "Verkehrsüberwachung" im Arbeitsprogramm gehe es darum, nach dem VfGH-Urteil zur Section-Control die Straßenverkehrsordnung zu ändern.

"Es wäre doch absurd, diese Daten für Verwaltungsverfahren zu verwenden, nicht aber zur Fahndung und Aufklärung", schreibt die Pressestelle des Innenministeriums. Das Bewegungsverhalten von unverdächtigen Verkehrsteilnehmern sei "weder von Interesse noch von Nutzen für die Behörden".

Verkehrsministerium arbeitet daran

Im Verkehrsministerium gibt es schon seit Jänner 2008 konkrete Pläne, die auf Autobahnen installierten Kameras für die Verbrechensbekämpfung zu nutzen. Minister Werner Faymann [SPÖ] gab seinerzeit zu Protokoll, diese Angelegenheit "vorher diskutieren und gesetzlich regeln" zu wollen.

"Ich habe eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Herbert Kasser [Generalsekretär im Verkehrsministerium, Anm.] eingerichtet, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzt", hatte Faymann im Jänner zur "Wiener Zeitung" gesagt.

(futurezone | Günter Hack)