Zehn Prozent Niederösterreich-Aufschlag
Sollte die von Niederösterreich beschlossene Handymasten-Steuer mit Jänner 2006 tatsächlich umgesetzt werden, dann könnte es für alle Anrufe von oder zu Mobilfunkanlagen in diesem Bundesland einen Aufschlag von zehn Prozent auf die Handytarife geben. Dieses "NÖ-Roaming" werde den Konsumenten durch eine "NÖ"-Symbol am Handy-Display angezeigt.
Im Vorfeld des Sommerministerrats am 9. August forderten die Mobilfunker am Freitag in einer Pressekonferenz die Bundesregierung auf, von ihrem verfassungsgemäßen Recht Gebrauch zu machen und gegen das niederösterreichische Sendeanlagenabgabegesetz Einspruch zu erheben.
Die Fakten für diesen Einspruch sind von der Regulierungsbehörde RTR durch eine rechtliche Stellungnahme und eine technisch-wirtschaftliche Studie erarbeitet worden:
Neben einer Verteuerung der Gesprächsgebühren würde die Stilllegung zahlreicher unrentabler Mobilfunkstationen im ländlichen Raum auch zu Gebieten ohne Netzempfang führen.
Weiters stellt die RTR fest, dass die "Handysteuer" auch rechtlich die Regulierungsziele des Telekommunikationsgesetzes 2003 hinsichtlich des Gleichheitsgrundsatzes torpediert, da andere Mastenbetreiber [etwa EVN, ORF, NÖKOM, Behördenfunk] ausgenommen sind.
"Ohne diese Notbremse muss die neue Abgabe an die Handykunden weitergegeben werden. Daher ist die Mastensteuer in Wirklichkeit eine Handysteuer, die zu höheren Preisen führt, was Landeshauptmann [Erwin, ÖVP, Anm.] Pröll von Anfang an bewusst in Kauf genommen hat", so die Mobilfunkbetreiber einhellig.
Mobilfunker sind sauer auf NiederösterreichMinisterrat ist letzte Chance
Für einen Einspruch der Regierung gegen das niederösterreichische Landesgesetz wäre ein einstimmiger Beschluss des Ministerrates nötig. Die Einspruchsfrist endet am 17. August. Der Sommerministerrat am Dienstag ist also die letzte Gelegenheit für ein Bundesveto.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel [ÖVP] hat das Thema jedoch noch nicht auf die Tagesordnung des Ministerrates genommen.
"Ein Thema von dieser Tragweite sollte unbedingt auf höchster Regierungsebene besprochen werden. Kanzler Schüssel und Wirtschaftsminister Bartenstein sollten doch zu überzeugen sein, dass diese Landesabgabe, die mehr oder weniger die Investitionsmittel einer ganzen Branche verbrauchen würde, ein Anschlag auf den Wirtschafts- und Investitionsstandort Österreich wäre", meinte Infrastrukturminister Hubert Gorbach [BZÖ] am Freitag hinsichtlich der bisherigen Weigerung, die Handymaststeuer im Rahmen des Ministerrats offiziell zu besprechen
Kritisiert wird von den Handynetz-Betreibern auch die Gefährdung der Investitionssicherheit durch internationale Investoren, die zunehmend misstrauisch würden. Weiters sehe man in der Besteuerung der Infrastruktur den Anfang vom Ende des Wirtschaftsstandorts Österreich.
Die Handysteuer widerspricht auch den Bemühungen der EU nach Wachstum und Innovation auf dem IT-Sektor, bestätigt EU-Kommissarin Viviane Reding in einem Brief an Vizekanzler Hubert Gorbach.
Darin spricht sie sich ausdrücklich gegen die Einführung der Handysteuer aus, da sie dadurch den Wettbewerb und die weitere Verbreitung des Mobilfunks gefährdet sieht.
Bedenken gegen Handymasten-SteuerKlagen angedroht
Sollte weder Pröll noch die Regierung auf die Linie der Mobilfunker einschwenken, werde der Europäische Gerichtshof [EuGH]angerufen, drohen die Handynetzbetreiber.
Etwaige Strafen müsste die Republik zahlen. Der Sprecher des Forums Mobilkommunikation [FMK], Thomas Barmüller, betonte, dass Schüssel dann die Verantwortung für diese Belastung der Steuerzahler trage.
Finanzrechtsexperten sind sich derweil uneinig darüber, ob die Handymasten-Steuer vor den Höchstgerichten halten wird oder nicht. Der Leiter der Abteilung Finanzrecht an der Universität Innsbruck, Reinhold Beiser, bezweifelte, dass der EuGHdie Abgabenautonomie der Nationalstaaten einschränken würde.
"Auch das Abgaben[er]findungsrecht der Länder hat Grenzen", meint hingegen Claus Staringer, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien und Steuerrechtsexperte der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.