Biometriepass kommt 2009
Die österreichische Regierung führt im kommenden Jahr Pässe ein, auf deren Chips zwei Fingerabdrücke des Inhabers gespeichert werden müssen. Auch "Jugendpässe" sollen eingeführt werden, um Alkoholexzesse Jugendlicher zu verhindern.
Neue Reisedokumente werden schon ab kommendem Jahr mit Fingerabdrücken versehen. Die entsprechende Novelle zum Passgesetz werde in den nächsten Tagen in Begutachtung geschickt, kündigte Innenminister Günther Platter [ÖVP] an. Ebenfalls geplant ist die Einführung eines Jugendpasses für Bürger bis zum 16. Lebensjahr.
EU-Richtlinie
Dass zwei Fingerabdrücke im Reisepass abgebildet werden müssen, ist Gegenstand einer EU-Richtlinie. Umgesetzt werden muss diese spätestens Mitte 2009. Platter geht davon aus, dass in Österreich bereits in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres die Dokumente mit den Abdrücken versehen werden, jedenfalls aber vor der Hauptreisezeit.
Die Dauer der Ausstellung soll bei fünf Werktagen bleiben. Produziert werden die Pässe zentral von der Staatsdruckerei. Die Kosten werden weiterhin 69,90 Euro betragen.
Testbetrieb
Soweit möglich, werden auch künftig die Reisepässe am Gemeindeamt bzw. Magistrat ausgestellt. Jedoch bedarf es der Ermächtigung der Bürgermeister zur Abnahme der Fingerabdrücke bei der Entgegennahme der Anträge.
Seit einigen Monaten wurden laut Innenminister gemeinsam mit Vertretern der Länder und Magistrate die für die Einführung notwendigen Rahmenbedingungen erarbeitet. Ein Testbetrieb ist in der zweiten Hälfte des heurigen Jahres vorgesehen.
Besonderes Augenmerk werde bei Entwicklung und Produktion auf den Datenschutz gelegt, versichert das Innenministerium. Die Daten eines Reisepasses könnten aufgrund des Sicherheitschips nicht unerkannt verändert oder kopiert werden. Auch eine nachträgliche Speicherung von Daten sei nicht möglich. In Großbritannien ist es Hackern schon mehrmals gelungen, die Daten der dort verwendeten Biometriepässe auszulesen.
Zentrale Datenbank für alle EU-Fingerprints
Die EU-Kommission plant derzeit eine zentrale Datenbank, in der die Fingerabdrücke aus den Biometriepässen aller EU-Bürger verdachtsunabhängig gespeichert werden sollen.
Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hat sich vehement gegen dieses Projekt ausgesprochen.
Der nächste Schritt?
Die USA nehmen bei der Einreise bereits alle zehn Fingerabdrücke der Passagiere ab und speichern sie in einer zentralen Datenbank.
Umfragen
Platter glaubt sich bei der Novelle mit der Bevölkerung einig. Eine aktuelle GfK-Umfrage habe ergeben, dass 73 Prozent der Befragten die Verwendung biometrischer Merkmale zur Steigerung der Sicherheit bei der Identitätsfeststellung als positiv empfänden, berichtete der Minister.
Rund eine Million Österreicher bekämen jährlich einen neuen Pass ausgestellt und profitierten von der größtmöglichen Sicherheit des Dokumentes.
Fingerabdruck - einfach kopiert
Erst kürzlich hatte die deutsche Bürgerrechtsorganisation Chaos Computer Club wieder demonstriert, wie einfach es ist, den Fingerabdruck einer fremden Person zu fälschen. Die Hacker besorgten sich Fingerabdrücke des deutschen Innenministers Wolfgang Schäuble, duplizierten sie auf Folien und legten sie ihrer Vereinszeitung "Datenschleuder" bei.
Mit billigsten Mitteln aus dem Supermarkt ist es innerhalb weniger Minuten möglich, diese Kopien dazu zu nutzen, die Sensoren der Fingerabdruck-Scanner zu täuschen.
Weiters in der Gesetzesnovelle enthalten ist die Grundlage zur Umsetzung des Wunsches von Familienministerin Andrea Kdolsky [ÖVP], einen Jugendpass einzuführen. Mit einem einheitlichen, nach Altersgruppen farbcodierten Dokument für Jugendliche bis 16 sollen Alkoholexzesse eingedämmt werden. Schon jetzt sieht die Gewerbeordnung vor, dass Wirte die Ausweise jugendlicher Gäste kontrollieren müssen.
Die Daten prüfen
Alle österreichischen Passbehörden sind mit dem "ePassport Verification System" des US-Herstellers 3M ausgestattet. Mit diesem Gerät soll sich der Bürger auf dem Amt alle Daten auf dem RFID-Chip seines Passes anzeigen lassen können. Fast alle.
Mangelnde Effizienz
Die USA hatten die Erfassung von nur zwei Fingerabdrücken [zwei Finger "flach"] bei der Grenzkontrolle bereits Anfang 2007 wegen mangelnder Effizienz wieder eingestellt. Die Erkennungsquote war zu niedrig. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft trieb das Biometriepass-Projekt im Frühjahr 2007 trotzdem mit Entschiedenheit weiter.
Wie umfangreiche Recherchen von ORF.at ergeben haben, stehen Nutzen und Sicherheit der mit biometrischen Merkmalen versehenen E-Pässe auch nach Meinung zahlreicher Sicherheitsexperten infrage.
(APA | futurezone)