"Glasfaser von Politikern verschlafen"

23.04.2008

Während Slowenien mit einem landesweiten Glasfasernetz auftrumpft, warten Österreichs kommunale Anbieter noch auf grünes Licht vonseiten der Politik. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl [ÖVP] sieht diese Versäumnisse und will nun in der steirischen Hauptstadt den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes vorantreiben.

"Wir als Politiker haben die Entwicklung des Internets in Österreich verschlafen. Wenn man nur 50 Kilometer zu unseren Nachbarn nach Slowenien schaut, sieht man, was möglich ist: einerseits die schnellere Bandbreite und auf der anderen Seite der günstigere Preis."

Das schrieb Nagl auf eine Anfrage von ORF.at zum Ausbau der Glasfasernetze in Österreich.

Von Ungarn bis zur Adria

Während in Graz, Innsbruck und Wien erst kleine Teile der physisch längst vorhandenen Glasfasernetze tatsächlich auch erschlossen sind, verfügt der slowenische Netzbetreiber T-2 über ein landesweites Glasfasernetz.

Es reicht von Murska Sobota nahe der ungarischen Grenze bis nach Koper an der Adria und wird nicht nur in den Städten, sondern auch in den größeren Gemeinden angeboten.

Traumland Slowenien

Vom Angebot der Slowenen kann man in Österreich nur träumen: Für Einsteiger stehen Anbindungen mit zehn MBit/s synchron für einen Pauschaltarif von 14 Euro monatlich zur Verfügung. 50 MBit/s kosten 50, 100 MBit/s 100 Euro pro Monat.

In Gebieten, die nicht via "Fiber to the Home" [Glasfaser bis ins Haus] erschlossen sind, behilft man sich mit dem guten alten Kupferkabel, bespielt wird es freilich mit neumodischem VDSL. Zehn MBit/s Download und zwei MBit/s Upstream sind da um 23 Euro pro Monat erhältlich.

Entwicklungsland Österreich

In Österreich existiert weder ein vergleichbares landesweites Netz, noch sind symmetrische Anbindungen für Privatkunden die Regel.

In den Landeshauptstädten werden die teils bereits vor mehr als einem Jahrzehnt verlegten Glasfasern erst langsam, nach und nach erschlossen. Keine einzige Kommune kann es sich freilich leisten, ihr Glasfaserangebot zu bewerben.

Die Verfügbarkeit

In Wien wie Graz und auch in Innnsbruck ist das Angebot nämlich nur punktuell verfügbar, vor allem Neubauten kommen zuerst ans Netz. Der Grazer Bürgermeister dazu zu ORF.at:

"Bei der Erschließung neuer Wohngebiete, neuer Betriebesansiedlungen sowie bei Baumaßnahmen der Stadt wird darauf geachtet, im selben Zug Glasfaserkabel zu verlegen. Etwa das Projekt 'Messequadrant' im Osten von Graz, den Neubau des Styria-Headquarters, aber auch das Projekt 'Asset One' auf den ehemaligen Reininghausgründen."

Die Kilometer

Geschäftskunden werden in Graz wie in Innsbruck bereits viel länger mit schnellen Anbindungen versorgt.

In Innsbruck wurde 1997 mit dem Netzaufbau begonnen, aktuell sind im Versorgungsgebiet 320 Kilometer Glasfaserkabel "beleuchtet", also in Betrieb. In Graz sind es 650 Kilometer, in Wien etwas über 2.000.

Exklusive Kunden

Über die Anzahl der Privatkunden schweigen sich die Wiener ebenso wie die Innsbrucker aus, die einzigen Zahlen gibt es aus Graz. Die knapp 800 bereits mit Glasfaser versorgten Grazer Haushalte lassen schließen, dass es in den anderen Landeshauptstädten ähnlich exklusiv zugeht.

Das noch am ehesten der slowenischen T-2 vergleichbare Produkt der Innnsbrucker Kommunalbetriebe ist ein symmetrischer Flatrate-Anschluss von zehn MBit/s um 39,90 Euro, die doppelte Bandbreite schlägt dann schon mit 49,90 zu Buche.

Wien und Graz

Die Wiener Blizznet-Angebote starten bei 26 Euro für ein MBit/s symmetrisch, ein dem slowenischen vergleichbares Paket des "Open Access"-Partners NeoTel mit zehn MBit/s symmetrisch kostet 42 Euro.

Die höchste in Graz für Privatkunden verfügbare Bandbreitenkombination von 24/2 MBit/s Download/Upload kommt auf 45 Euro im Monat.

Warten auf die Politik

Der Haken an allen Angeboten in Österreichs Städten ist freilich ihre [Nicht-]Verfügbarkeit.

Da es sich bei allen Betreibern um kommunale Dienstleister handelt, können diese beim Ausbau nicht wie Privatfirmen agieren, sondern sind auf Vorgaben der Politiker angewiesen. Die haben hier freilich viel aufzuholen.

(futurezone | Produziert mit den Studierenden des Jahrgangs 05 an der FH Joanneum in Graz, Fachrichtung Journalismus und Unternehmenskommunikation)