Apples Umkehr bei der iPhone-Strategie
Beim Vertrieb des gehypten iPhone hat der Computerhersteller Apple bisher auf Exklusivität und Umsatzbeteiligung gesetzt. Immer deutlicher zeichnet sich aber nun eine Umkehr und damit eine Öffnung des iPhone-Markts ab. Zudem erwartet die Branche schon bald die nächste Gerätegeneration mit UMTS.
Apple hat seit der Vorstellung seines iPhone für viel Aufregung gesorgt. Während die einen es kaum erwarten konnten, endlich den iPod mit Telefonfunktion in Händen zu halten, kritisierten andere die fehlende UMTS-Integration und damit die Sinnlosigkeit vor allem für den europäischen Markt.
Viel wurde auch über Apples Vertriebsmodell diskutiert, das auf Exklusivpartner und eine Beteiligung an den Mobilfunkumsätzen setzt. Allzu oft wurde dabei auch das Argument vorgebracht, dass der Computer- und Unterhaltungskonzern von Mobilfunk nichts verstehe und deshalb mit seiner Strategie keinen Erfolg haben werde.
Tatsächlich zeichnete sich in den letzten Wochen eine Umkehr vom ursprünglichen Weg ab. Rund 5,4 Millionen iPhones dürfte Apple bisher weltweit verkauft haben. Offiziell wird das Gerät derzeit nur in den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Österreich über Vertriebspartner verkauft.
Auch Telekom-Austria-Chef Boris Nemsic äußerte sich im Vorfeld der iPhone-Einführung kritisch zu Apples Mobilfunkplänen: Apple sei eine brillante Marketingmaschine, die Usability sei auch brillant, "nur bei den Telefonen müssen sie noch lernen".
"Signifikante Zahl" entsperrt
Die exklusive Kooperation von Apple und den Mobilfunkern, die eine Aufteilung der monatlichen Umsätze vorsieht, erhält mit den vielen entsperrten iPhones einen empfindlichen Dämpfer.
Der für das operative Geschäft zuständige Apple-Manager Tim Cook räumte bei Vorlage der exzellenten Apple-Zahlen für das erste Quartal 2007 vergangene Woche ein, dass bei einer "signifikanten Zahl" der Apple-Handys die Software-Sperre zur Bindung an einen Mobilfunkprovider überlistet worden sei. Er könne aber nicht sagen, bei wie vielen.
Aus den USA importiert
In Deutschland etwa hat die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile bisher rund 100.000 iPhones verkauft. Rund 50.000 Geräte werden aber in den Netzen der Konkurrenz genutzt, lauten aktuelle Schätzungen.
Diese wurden zumeist aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt und entsperrt, was mittlerweile in wenigen Minuten geschehen ist. Auch in Frankreich zeigte sich bereits kurz nach dem Marktstart im November, dass fast die Hälfte der Käufer ein entsperrtes iPhone haben wollten.
Die Deutsche Telekom musste das iPhone nach einer einstweiligen Verfügung für einen kurzen Zeitraum auch ohne Vertragsbindung anbieten. Wie viele Geräte in dieser Phase verkauft wurden, ist aber nicht bekannt.
Öffnung des Vertriebsmodells
Deshalb wird immer stärker darüber spekuliert, dass Apple bereits über einen Strategiewechsel nachdenkt, der einen freien Verkauf des iPhone vorsieht. Angeblich könnte das iPhone so demnächst in Italien und Belgien an den Start gehen.
Laut einem Bericht von "La Republicca" unter Berufung auf interne Quellen des Providers soll Telecom Italia das iPhone demnächst in Italien auf den Markt bringen. Apple verlange keine Umsatzbeteiligung, habe jedoch die Preise für das Mobiltelefon leicht angehoben. Telecom Italia sei dabei kein Exklusivpartner, sondern starte vielmehr in der "Poleposition" ein paar Monate vor den anderen italienischen Anbietern mit dem Verkauf.
Mehr Absatz durch Subventionen
Das französische Wirtschaftsmagazin "Les Echos" berichtete kürzlich, dass auch in Frankreich eine Änderung des Geschäftsmodells bevorstehen könnte. Demnach gebe es Gespräche zwischen Apple und Orange über eine mögliche Subventionierung des Geräts durch den Mobilfunkbetreiber.
Der Endkundenpreis würde also sinken, der Absatz damit angekurbelt werden, so die Hoffnung. Orange erwartet sich aber im Gegenzug ein Ende der Umsatzbeteiligung. Auch hier stellt sich die Frage, ob der exklusive Vertrieb über einen Mobilfunker dann überhaupt noch Sinn ergibt.
Warten auf UMTS
Egal welches Vertriebsmodell, viele Kunden warten weiter hartnäckig auf eine UMTS-Version des iPhone und wollen erst dann zuschlagen. Apple-Chef Steve Jobs verwies immer wieder darauf, dass die Technologie für die schnellen Datenverbindungen viel Strom verbrauche und damit die Batterielaufzeit einschränke.
Doch die Branche glaubt mittlerweile fest daran, dass Jobs am 9. Juni bei seiner traditionellen Keynote auf der Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco die nächste iPhone-Generation aus dem Sack lässt.
Zunächst mehrten sich in letzter Zeit die Hinweise darauf, dass die 8-GB-Version des iPhone aus den Regalen verschwinden soll. In Deutschland senkte T-Mobile den Preis etwa in Kombination mit dem teuersten Tarif auf 99 Euro.
Und in Großbritannien wurde dieser Tage über ein internes Memo des Apple-Partners O2 publik, dass die 8-GB-Version ausverkauft sei und wohl auch nicht mehr nachgeliefert werde. Analysten werten diese Meldungen als klare Hinweise auf das baldige Erscheinen eines neuen Produkts.
Es werde im nächsten Jahr ein iPhone mit dem Mobilfunkstandard der dritten Generation geben, kündigte der Chef des für die USA exklusiven Apple-Mobilfunkpartners AT&T, Randall Stephenson, bereits im November im "Wall Street Journal" an.
(futurezone | dpa)