Weltrekord im Quantenrechnen

28.04.2008

Wissenschaftler vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation [IQOQI] in Innsbruck haben in einem Experiment ein Quantengatter gebaut, das mit einer Rechengüte von 99,3 Prozent arbeitet. Das ist weltweit der bisher höchste erreichte Wert.

Ansätze für den Quantencomputer, der statt Elektronik und Halbleiter die Eigenschaften der Quantenwelt für Berechnungen nutzt, gibt es mittlerweile zahlreiche. Ein Hauptproblem war für die Wissenschaftler bisher die Fehleranfälligkeit der Systeme.

Am IQOQI wurde nun in einem Experiment ein Quantengatter mit einer Rechengüte von 99,3 Prozent erreicht. Die Arbeiten wurden in der Online-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature Physics" veröffentlicht.

Überlagerte Zustände

Dass man überhaupt die Entwicklung eines Quantencomputers anstrebt, liegt an grundlegenden Eigenschaften der kleinsten Teilchen. Im Vordergrund steht dabei die sogenannte Überlagerung von Zuständen.

Im Gegensatz etwa zu magnetischen und sonstigen Speichern herkömmlicher Computer kann ein einzelnes Teilchen in der Quantenwelt nicht nur zwei Zustände [Ja/Nein beziehungsweise Bit 0 und 1], sondern mehr oder weniger beliebig viele annehmen. Die Physiker sprechen dabei vom Quanten-Bit oder Qubit.

Arbeit mit Ionen

Die Wissenschaftler am IQOQI der Österreichischen Akademie der Wissenschaften [ÖAW] um Rainer Blatt arbeiten bei ihren Experimenten mit Ionen.

Als geladene Teilchen lassen sich Ionen relativ leicht etwa in magnetischen Fallen einschließen und anschließend manipulieren. Mittlerweile gelingt es den Wissenschaftlern nicht nur, Information mittels Ionen zu speichern, sondern die Teilchen auch für einfache Rechenoperationen zu nutzen.

Verschränkung durch Laserlicht

Dazu werden zwei oder mehr Ionen verschränkt, also in einen Zustand versetzt, in dem sie wie über einen unsichtbaren Faden verbunden sind.

Die Verschränkung wird durch die Wechselwirkung der Teilchen mit Laserlicht erzeugt. Manipuliert man anschließend an einem der Teilchen, so hat das Auswirkungen auf die anderen, ohne dass diese ihrerseits beobachtet werden müssen. Wie bei einem herkömmlichen Computer lassen sich so Rechenoperationen wie "und" und "oder" ausführen.

Mit einem Trick zum Erfolg

Um die bisher zu bemängelnde Fehleranfälligkeit der einfachen Quantencomputer in den Griff zu bekommen, griffen die Forscher zu einem Trick.

Anstatt wie bisher Laserpulse mit konstanter Intensität einzusetzen, variierten sie die Lichtintensität zeitlich.

Güte-Weltrekord

Für ihr Quantengatter aus zwei verschränkten Kalzium-Ionen erreichten sie so erstmals eine Güte von 99,3 Prozent. "Das ist der beste Wert, der weltweit je für ein System zum Quantenrechnen erreicht wurde", präzisierte Christian Roos vom IQOQI. Damit ist auch eine magische Schwelle überschritten, denn viele Theoretiker fordern eine Güte der Rechenbausteine von mindestens 99 Prozent.

In einem nächsten Schritt wollen die Innsbrucker Physiker mehrere Ionen in ähnlicher Weise verschränken und zum Rechnen nutzen. Unterstützt werden die Experimente von der Uni Innsbruck und der EU.

Wiener Physikern ist es vor kurzem gelungen, Quantenrauschen und thermisches Rauschen auseinanderzudividieren. Das Experiment zeigte Quantenrechnern mögliche Grenzen auf.

(APA)