Frontalangriff auf EU-Datenschutz
Die EU-Staaten müssten das zu Gunsten des Schutzes vor organisiertem Verbrechen und Terrorangriffen akzeptieren. Das Recht zu leben überwiege Bedenken zur Beschneidung von Datenschutzrechten, so Clarke.
Sowohl die englischen wie die Richter am EU-Gerichtshof müssten verstehen, dass die Europäer nicht mehr lange akzeptierten, dass gegen Menschen, die eine Bedrohung darstellen, wegen Menschenrechtsbedenken nichts unternommen werden dürfe, so Clarke weiter. Dabei geht es laut britischen Medien um die Abschiebung von Terrorverdächtigen.
"Ich sage, Zweifel an den Bürgerrechten einer Person, die von einer Überwachungskamera gefilmt wird [...], oder einer Person, die mit einer anderen telefoniert hat, sind klein im Vergleich zum übergreifenden Bürgerrecht, nicht in die Luft gesprengt zu werden", so Clarke, der zudem Überwachungskameras für die Behörden, international standardisierte biometrische Daten für Pässe und Visa und die Speicherung von Verbindungsdaten auf ein Jahr forderte.
Eine Studie im Auftrag des britischen Innenministeriums kam zuletzt zu dem Ergebnis, dass die Kameradichte auf die Zahl der kriminellen Delikte wie etwa Gewaltverbrechen keinen Einfluss habe.
Überwachung dämmt Kriminalität nicht einZweifel an Wirksamkeit
Laut den Plänen der EU-Minister sollen Telefon- und Internet-Unternehmen verpflichtet werden, zahlreiche Daten über die Gesprächs- und Datenverbindungen ihrer Kunden für Justiz und Geheimdienste länger zu speichern, als sie selbst für ihre Rechnungslegung benötigen [Data Retention]. Derzeit hat Großbritannien die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Die Telekom-Unternehmen warnen ihrerseits aber vor Kosten in Millionenhöhe, falls sie mehr Daten erheben müssen als bisher. Sie sollen bei den Beratungen ebenfalls einbezogen werden.
Zudem bezweifeln Experten, dass die geplante Maßnahme wirklich bei der Informationsbeschaffung dienlich sein könne.
Gespräche aus Telefonzellen, über vorausbezahlte Handykarten oder aus öffentlichen Internet-Cafes etwa ließen sich keiner bestimmten Person zuordnen.
Die EU-Minister wollen mit einem einstimmigen Beschluss dem EU-Parlament zuvorkommen, dessen Entwurf zwar ähnlich gelagert ist, sich aber dem kritischen EU-Parlament stellen müsste.
"Lustiger" Debatten-Herbst steht bevorGegen geltendes Datenschutzrecht
Österreichs Telekoms und Internet-Provider haben bereits mehrfach angekündigt, keinesfalls die zu erwartenden Mehrkosten für Lagerung, Wartung und Absicherung der enormen zu erwartenden Datenmengen im vielfachen Terabyte-Bereich tragen zu wollen.
Bei allein 40 Milliarden E-Mails, die nach Schätzung der ARGE Daten jährlich in Österreich verschickt und empfangen werden, komme man rasch auf eine immense Summe von Datensätzen, die alleine für E-Mail-Verkehr anfallen, so ARGE-Obmann Hans Zeger.
Die Richtlinie, egal aus welche Gremium, bringe zudem "grobe Eingriffe in Grundrechte der Bürger bei hohen Kosten und verhältnismäßig wenig von dem, was angestrebt, wird, nämlich mehr Sicherheit", so Kurt Einzinger, Generalsekretär der ISPA Austria [Internet Service Providers Association].
Wer zahlen soll
Und egal, wie die unvermeidlichen Mehrkosten finanziert würden,
"bezahlen wird der Konsument". Entweder über höhere
Internet-Gebühren oder über Steuern, wenn Internet-Provider analog
zur Praxis der Telefonüberwachung dafür entschädigt werden sollten,
so Einzinger weiter.
Frankreich prescht vor
Paris hat unterdessen angekündigt, die geltenden Anti-Terror-Gesetze verschärfen zu wollen. Der französische Innenminister und Chef der Regierungspartei UMP, Nicolas Sarkozy, kündigte an, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf im Oktober vom französischen Ministerrat genehmigt werden soll.
Unter den geplanten Maßnahmen befinden sich laut Sarkozy die Verstärkung der Videoüberwachung, die Erstellung einer Liste von "Risikopersonen" bei den Flugpassagieren, die Überwachung des Internets und die Registrierung von Telefondaten.
Sozialistenchef Francois Hollande meinte, seine Partei sei sich der Bedrohung bewusst, man wolle aber, dass die Maßnahmen im Respekt des Rechtsstaates ergriffen werden. Auch Kommunistenchefin Marie-George Buffet pochte auf die Wahrung der "individuellen Freiheiten".