Datenspeicherpflicht unnötig, dafür teuer
Zur laufenden Debatte in der EU zur Speicherpflicht für Telekom-Daten und Internet-Logfiles [Data Retention] hat der Verband der österreichischen Internet-Service-Provider [ISPA] am Freitag ein Positionspapier vorgelegt.
Die vorliegenden Entwürfe des Rates bzw. der Kommission zur Speicherpflicht werden rundweg abgelehnt. Bis zum heutigen Tag habe nicht belegt werden können, dass mit der angepeilten Speicherpflicht aller Verbindungsdaten die Verhinderung bzw. Aufklärung von Terror überhaupt erreicht werden könne.
Ein allenfalls marginaler Sicherheitsgewinn stehe in keinem Verhältnis zu den massiven Eingriffen in das Grundrecht auf Privat- und Familienleben, in das Fernmeldegeheimnis und das Grundrecht auf Datenschutz.
Am Donnerstag war das informelle Treffen der europäischen Innen- und Justizminister in Newcastle von Uneinigkeit über Umfang und Speicherdauer geprägt. Immer wahrscheinlicher wird, dass der Vorstoß Großbritanniens, Schwedens und anderer, die einen Beschluss unter Ausschaltung des EU-Parlaments im Ministerrat durchsetzen wollten, kein direkter Erfolg beschieden sein wird.
Uneinigkeit in NewcastleDaten verursachen Kosten
Was die Provider naturgemäß am meisten stört, sind die zu erwartenden hohen Kosten für den unvermeidlichen Umbau ihrer Netze.
Anders als Telekoms zeichnen Internet-Provider generell relativ wenige Informationen auf, was der jeweilige Kunde im Netz gerade macht.
Da von E-Mails und anderen Datentransfers keine Einzelgebühren anfallen und immer mehr Benutzer mit Pauschaltarifen surfen, sind diese Daten für Provider schlichtweg nicht interessant.
Außerdem bekommen sie die Daten überhaupt nicht zu sehen, wenn der [Firmen-]Kunde ein eigenes Virtual Private Network mit eigenem Mailserver etc. betreibt.
Anders als etwa die Telekom Austria betreiben sehr viele Provider Netze, denen kein "transparenter Proxy" vorgeschaltet ist. Dabei handelt es sich um meist mehrere [für Kunden nicht sichtbare] Rechner, über die der gesamte Internet-Verkehr geleitet wird.
Internet teurer durch DatenspeicherpflichtEU-Parlament soll einbezogen werden
Die ISPA und ihr eruropäischer Dachverband EuroISPA, verlangen die Einbeziehung des EU-Parlaments, denn derart einschneidende Maßnahmen erforderten eine breite demokratische Legitimation, die nur im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens erzielt werden könne.
Die Telekoms, allen voran die Deutsche, wehren sich dagegen, auch Daten zu erheben, die bisher nicht erhoben waren. Anrufe zu dokumentieren, die nicht zu Stande gekommen sind, weil nicht abgehoben wurde, ist im Billing der Telekoms einfach nicht vorgesehen.
Das bedeutet: Ein bestehendes, großes Set-up aus Storage-Systemen und Datenbanken, von denen zigmillionen Datensätze täglich zu verarbeiten haben, muss um einzelne Felder pro Datensatz und Funktionen erweitert werden, die niemals vorgesehen waren.
Dabei muss das Gesamtsystem rund um die Uhr zu fast 100 Prozent verfügbar sein - es bedarf keines allzu großen technischen Sachverstands, um zu verstehen, dass dieses Vorhaben teuer wird.
Datenverkehr des NL-Providers XS4all am 5. Spetember in einer Simulation.