Microsofts Kopierschutz sorgt für Ärger
Mit dem Abschalten der MSN-Music-Server wollte sich Microsoft eigentlich das Leben erleichtern. Stattdessen hagelt es jetzt Kritik von Kopierschutzgegnern und Netzaktivisten. Denn mit den Servern verschwindet auch das Lizenzmanagement für die von Microsoft verkauften kopiergeschützten Musik-Files.
Kunden der Online-Musikplattform MSN Music droht in diesem Sommer eine böse Überraschung: Microsoft kündigte letzte Woche an, die Lizenz-Server des vor anderthalb Jahren geschlossenen Angebots im August endgültig abzuschalten. Ohne diese Server lassen sich die bei MSN Music erworbenen Musikdateien nicht mehr autorisieren.
Wer beispielsweise nach dem Abschaltungstermin von Windows XP auf Vista umsteigt, kann damit nicht mehr auf seine gekauften Musik-Downloads zugreifen. Die kopiergeschützten Dateien verwandeln sich ohne gültige Lizenz in nutzlosen Datenmüll.
Umfassende Entschädigung gefordert
Die Electronic Frontier Foundation [EFF] fordert deshalb jetzt von Microsoft eine umfassende Entschädigung aller betroffenen Kunden. In einem offenen Brief an Microsoft-Chef Steve Ballmer erklärte die Netzrechtsorganisation dazu diese Woche, Microsoft solle seinen Kunden die Möglichkeit geben, sich ihre bereits gekauften Songs nochmals ohne Kopieschutz aus dem Netz zu laden.
Microsofts Vorschlag, Kunden könnten sich die Songs doch auf CD brennen und dann selbst im MP3-Format auf ihrem Rechner abspeichern, bezeichnete die Organisation als "völlig unzulänglich". "Microsoft bittet seine Kunden, Zeit, Geld und Arbeit darauf aufzuwenden, um klanglich minderwertige Kopien von Musik herzustellen", so EFF-Direktorin Shari Steele.
Unklar sei auch, ob diese Art der Sicherheitskopie überhaupt legal sei, so die EFF in ihrem offenen Brief. In den USA gab es in der Vergangenheit immer wieder Auseinandersetzungen dazu, wie oft und in welcher Form Musikhörer ihre persönlich erworbenen CDs kopieren dürfen. Microsoft solle seinen Kunden deshalb am besten gleich auch Rechtssicherheit versprechen, falls sie wegen der Privatkopien Ärger mit einem Urheber bekommen sollten.
Ärger auch für Baseball-Fans
Microsoft hatte letzte Woche verkündet, der Betrieb der Lizenz-Server sei für den Konzern einfach zu kompliziert geworden. Nutzer müssen sich neue Lizenzen für ihre gekauften Downloads aus dem Netz laden, wenn sie ihr System oder den Windows Media Player aktualisieren. Auch das Übertragen auf einen anderen Computer erfordert eine Reautorisierung. Dabei komme es regelmäßig zu Problemen, weshalb man beständig zu Aktualisierungen der Server gezwungen sei.
Microsoft ist nicht die einzige Firma, die vor solchen DRM-Problemen kapituliert. Die US-Baseball-Liga vergraulte Ende letzten Jahres zahlreiche Fans, als sie den DRM-Anbieter für ihre Video-Downloads wechselte. Baseball-Fans konnten damit plötzlich nicht mehr auf Videos zugreifen, die sie für vier Dollar pro Spiel gekauft hatten.
Google schaltete seine kostenpflichtige Video-Download-Plattform im Sommer letzten Jahres ab. Die überraschten Kunden des Angebots bekamen dabei in einer E-Mail mitgeteilt, dass ihre gekauften Downloads innerhalb von fünf Tagen nicht mehr funktionieren würden. Google erstattete seinen Kunden immerhin den vollen Kaufpreis für jedes Video und opferte damit die gesamten Einnahmen des Angebots der DRM-Schadensbegrenzung.
Oftmals gehen Kunden dagegen vollkommen leer aus, wenn die Anbieter kopiergeschützter Download-Angebote aufgeben. So stellte Universal Deutschland Ende 2004 seine Download-Plattform Popfile.de ein. Popfile galt als Vorzeigeobjekt der deutschen Musikindustrie und setzte zum Schutz der verkauften Titel auf ein hauseigenes DRM-Format. Mit dem Angebot verschwand jedoch auch die zum Abspielen nötige Software aus dem Netz.
Eine schlampige Technologie
Dabei sind es nicht immer nur Kunden, denen DRM Probleme bereitet. Der US-amerikanische Online-Musikdienst Weedshare musste vor einem Jahr die Pforten schließen, da sein Kopierschutzsystem nicht mehr von Microsofts Windows Media-Player unterstützt wurde.
Weedshare bot seinen Nutzern die Möglichkeit, Songs kostenlos vorzuhören und die geschützten Dateien über Tauschbörsen zu verbreiten. Firmen-Mitbegründer John Beezer meint dazu heute: "Wir haben daraus gelernt, dass selbst ein gut gemeinter Kopierschutz eine schlechte Idee ist."
Eine Erkenntnis wie diese wünscht sich die EFF auch von Microsoft. Der Software-Konzern habe mit dem MSN Music-Debakel zugegeben, dass DRM kompliziert und unfair sei, so EFF-Anwältin Corynne McSherry: "Es ist an der Zeit, dass Microsoft auf eine derart schlampige Technologie verzichtet." Microsoft solle stattdessen endlich auch den Kunden seines Zune-Download-Dienstes kopierschutzfreie MP3s zum Kauf anbieten.
(futurezone | Janko Röttgers)