Lawrence Lessigs Netz gegen Lobbyisten
In seinem Kampf für ein Copyright-System, das nicht nur Großkonzernen nützt, ist Lawrence Lessig regelmäßig auf Politiker gestoßen, die von Lobbyisten der Medienindustrie abhängig waren. Der Rechtsprofessor aus Stanford hat nun beschlossen, das Problem an der Wurzel zu packen und gegen die Korruption in der US-Politik zu kämpfen.
Lessig, Rechtsprofessor an der US-Universität Stanford, kämpfte als Mitbegründer von Creative Commons jahrelang gegen ausufernde Urheberrechte. Ab und zu wurde er während dieser Zeit von Politikern eingeladen.
Diese seien immer wieder völlig überrascht gewesen, dass es zu dem Thema noch eine andere Perspektive als die der Rechteinhaber gebe, wusste Lessig unlängst anlässlich der Emerging-Technology-Konferenz in San Diego zu berichten. "Freie Kultur hat eben keine Lobbyisten, die Copyright-Industrien dagegen schon", so Lessig.
Problem Lobbyismus
Lobbyisten sind denn auch in den Augen von Lessig eines der Grundprobleme der US-amerikanischen Politik. Teuer bezahlten Interessenvertretern gelinge es immer wieder, Politiker zu vereinnahmen und damit Gesetze zu beeinflussen. Die verheerenden Folgen dieser Praxis könne man unter anderem in der Klimapolitik und der Urheberrechtsgesetzgebung der USA sehen.
Einfluss nehmen Lobbyisten in erster Linie mit Geld. US-Politiker sind zum Finanzieren ihrer Wahlkampagnen auf immer mehr Spendengelder angewiesen, und Lobbyisten gehören zu den fleißigsten Spendern. Lessig will diese Praxis nun mit einer neuen Organisation namens Change Congress bekämpfen.
Vorbild Creative Commons
Die Grundidee von Change Congress ist, dass es Politiker dazu bewegen will, sich zu einer Reihe von grundsätzlichen politischen Reformen zu bekennen. "Wie Creative Commons werden wir eine Reihe von Optionen bieten", so Lessig. "Dazu gehört unter anderem die Selbstverpflichtung, kein Geld von Lobbyisten zu nehmen."
Kandidaten können dazu über die Change-Congress-Website mit einem einfachen Auswahlverfahren zeigen, zu welchen Reformen sie bereit sind. Am Ende bekommen sie dafür einen simplen Web-Button, den sie in ihre Website einbinden können – Parallelen zu den von Creative Commons bekannten Lizenzen sind dabei unverkennbar.
Creative Commons bietet einen ähnlichen Prozess für Urheber an. Diese können damit festlegen, zu welchen Bedingungen ihre Werke genutzt werden können.
Web-Buttons mit Metadaten
Wie Creative Commons setzt auch Change Congress für seine Web-Buttons auf XML-Metadaten. Damit soll es Drittentwicklern möglich sein, auf der Basis der Change-Congress-Daten eigene Web-Mashups zu erstellen.
Lessig glaubt, dass Organisationen wie Change Congress ohne den Einsatz von Technologie nicht funktionieren würden: "Sie ist das einzige Mittel, das wir haben, um Veränderungen zu erwirken."
Sonntagabend in Ö1
Janko Röttgers war für "matrix" dabei, als Lawrence Lessig auf der Emerging-Technology-Konferenz im kalifornischen San Diego sein Projekt Change Congress erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorstellte. Sie hören seinen Beitrag am Sonntag um 22.30 Uhr in der Ö1-Netzkultursendung "matrix".
(matrix | Janko Röttgers)