EU-Parlament lehnt Ratsentwurf ab
Das Europaparlament hat die umstrittenen Pläne des EU-Rates zur Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten am Dienstag erneut und endgültig zurückgewiesen.
Das Vorhaben, Telefonate, SMS, Internet-Protokolle und E-Mails bis zu 36 Monate zu speichern, sei weder angemessen noch wirksam bei der Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Terrorismus, begründete die EU-Volksvertretung ihre Ablehnung.
Der auf Initiative von Großbritannien, Frankreich, Irland und Schweden zu Stande gekommene Ratsbeschluss wäre ein "tiefer Eingriff in den Schutz persönlicher Daten", betonte der Berichterstatter Alexander Alvaro [FDP].
Die Mitteilung des EU-ParlamentsEin Suchlauf dauert 50 Jahre
Zudem sei der Vorschlag unpraktikabel, weil ein elektronisches Datenvolumen von 20.000 bis 40.000 Terabyte anfallen würde, was "ungefähr vier Millionen Kilometer gefüllter Aktenordner" entspreche.
Ein "einmaliger Suchlauf mit der vorhandenen Technik ohne zusätzliche Investitionen" würde mindestens 50 Jahre dauern.
Nach Ansicht des Parlaments würde die vorgeschlagene Datenspeicherung [Data Retention] zudem gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
Diese schreibt vor, dass Datenüberwachung und -speicherung gesetzlich geregelt sowie "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sind und einem "legitimen Ziel" dienen. Die Erfüllung dieser Kriterien im Rahmen des Ratsvorschlags sei jedoch fraglich.
Datenschützer auf den Barrikaden
Die EU-Datenschützer wehren sich gegen eine Ausweitung der
Speicherung von Verbindungsdaten - keinesfalls dürfe der Inhalt von
Gesprächen erfasst werden.
Kommission will ein Jahr speichern
Die Europarlamentarier wollen außerdem nicht hinnehmen, dass der EU-Rat über die Datenspeicherung allein entscheiden will - ohne Mitwirkung des Parlaments.
Dabei erhält die EU-Volksvertretung Rückendeckung von der Kommission: Sie legte am 21. September einen Alternativvorschlag vor, der eine Mitentscheidung des Parlaments vorsieht.
Diesem Vorschlag zufolge soll die Dauer der Datenspeicherung auf maximal zwölf Monate begrenzt werden. Die Kommission schlägt zudem vor, den Telekom-Betreibern die durch die Speicherung anfallenden Zusatzkosten zu erstatten.
Doch auch beim Kommissionsentwurf sei noch akuter Nachbesserungsbedarf, so das Parlament. Viele wesentlichen Fragen seien noch nicht geklärt.
Offen, welcher Vorschlag zum Zug kommt
Eine Reihe von EU-Staaten lehnt bisher eine Beteiligung des
Parlaments ab. Der britische Ratsvorsitz signalisierte unterdessen
Entgegenkommen. Demnach könnte der Rat das Europaparlament an der
Entscheidung beteiligen, wenn dieses im Gegenzug eine Abstimmung
noch in diesem Jahr zusichert.