Stallman: "OLPC vor Windows retten"
Alarmiert von Nicholas Negropontes Ankündigung, die XO-Lernoberfläche Sugar auf Windows portieren zu wollen, ruft FSF-Chef Richard Stallman nun dazu auf, die Entwicklungsbemühungen für den OLPC-Laptop zu intensivieren.
Stallman, Gründer der Free Software Foundation, hat in einem offenen Brief die FOSS-Gemeinde dazu aufgerufen, den "100-Dollar-Laptop" XO der Initiative One Laptop per Child [OLPC] vor Windows zu "retten".
Negroponte, Gründer von OLPC, hatte in Aussicht gestellt, den Linux-Unterbau des Bildungsrechners gegen eine abgespeckte Version von Windows XP austauschen zu wollen, weil ihm die Entwicklung der freien Software für das Projekt nicht schnell genug gehe.
Stallman will dem gegensteuern. Er selbst sei gerade auf den XO gewechselt, weil das der einzige Rechner sei, der ohne proprietäres BIOS auskomme. Lediglich den proprietären WLAN-Treiber habe er löschen müssen, um einen völlig freien Computer zu erhalten, so Stallman.
"Werkzeug der Unterwerfung"
Diese Freiheit sei aber nun bedroht, meint Stallman. Man habe sich mit dem technischen Personal der OLPC-Stiftung zusammengesetzt und darüber diskutiert, wie man die Zukunft des Projekts retten könne. Zahlreiche Unterstützer von OLPC fühlten sich von Negropontes Plänen verraten, schreibt Stallman, diese Bedenken seien jedoch nichts gegen das, was wirklich auf dem Spiel stehe, "nämlich ob der XO ein Werkzeug der Freiheit oder der Unterwerfung ist".
Proprietäre Software lasse die Nutzer hilflos zurück, so Stallman: "Wenn der XO eine Plattform für die Verbreitung proprietärer Software wird, dann ist sein Einfluss auf die Welt negativ." Es sei auch nicht gut, die Lernoberfläche Sugar auf Windows zu portieren, auch wenn deren Lizenz das zuließe. Es gelte, die vorläufige Entscheidung des Projekts, auf Windows zu wechseln, umzuwerfen und mehr Entwicklerressourcen von FOSS-Seiten in OLPC zu stecken.
Ein Feature des XO ist es, sich mit einem Knopfdruck den Quelltext einer Anwendung anzeigen zu lassen. Bei proprietärer Software ist das nicht möglich.
Die OLPC-Gemeinde hat bereits bewiesen, dass Sugar unter Linux auch bestens auf dem Intel-Konkurrenzprodukt Classmate PC läuft, das normalerweise mit Windows XP ausgeliefert wird.
OLPC im Wandel
OLPC-Gründer Negroponte hatte unlängst vor US-Medien zu Protokoll gegeben, dass er es aufgrund der schleppenden Entwicklung der XO-Software gerne sehen würde, wenn die spezielle Lernoberfläche Sugar auch auf Windows portiert werden würde. In Redmond arbeitet ein Team von Microsoft-Ingenieuren seit geraumer Zeit daran, eine abgespeckte Version von Windows XP auf die spezielle Hardware des XO zuzuschneidern.
In jüngster Zeit haben auch einige Schlüsselpersonen das OLPC-Projekt verlassen. Technikchefin Mary-Lou Jepsen gründete im März eine eigene Firma, die das OLPC-Know-how mit der Produktion eines eigenen Kleinstrechners kommerziell auswerten soll, Sicherheitschef Ivan Krsic ging ab, und der für die Lernsoftware verantwortliche Walter Bender wurde am Freitag gegen Finanzchef Charles Kane ausgetauscht.
Negroponte selbst, der sich langsam aus dem Projekt zurückziehen will, hat Anfang März betont, OLPC straffer führen und auf die Lernsoftware-Kernkompetenz konzentrieren zu wollen.
Intels Classmate in der ersten Version.
Der Markt in den Entwicklungsländern ist ein wichtiges Expansionsgebiet für Microsoft und Intel. Intel hat mit dem Classmate PC einen eigenen Bildungsrechner auf dem Markt, der unter Windows XP läuft.