03.10.2005

ANALYSE

EU-Zwist um Datenspeicherpflicht

Die ungewöhnlich scharfe Ablehnung ihrer Pläne durch den Innen- und Justizausschuss des EU-Parlaments am vergangenen Dienstag hat die Hardliner unter den EU-Innenministern offenbar wenig beeindruckt.

Bereits am Donnerstag saß man in Brüssel wieder zusammen, um die harsch kritisierte Rahmenrichtlinie des Rats zur verpflichtenden Speicherung von Verkehrsdaten - wer mit wem wann wo telefonisch oder via Internet kommuniziert - weiter voranzutreiben.

Angeführt vom britischen Innenminster und Ratsvorsitzenden Charles Clarke versuchen derzeit die EU-Innenminister Englands, Frankreichs, Irlands und Schwedens eine EU-weite Entscheidung unter Ausschluss des Parlaments zu fällen.

Das Timing der Richtlinie

Nationale Datenschutzgesetze in Österreich und Deutschland verbieten die "Vorratsspeicherung" von personenbezogenen Daten bis jetzt ausdrücklich. Die Rahmenrichtlinie des Rats sieht hingegen eine generelle Speicherverpflichtung von bis zu vier Jahren vor.

Klassische Parallelaktion

Angesichts der sichtbar gewordenen tiefen Differenzen im Rat wird nun das Jahresende als absolute Deadline angestrebt. Dann endet nämlich die britische EU-Präsidentschaft - und die österreichische beginnt.

Auf diese könnte ein schweres Erbe zukommen, nämlich zwei rivalisierende Richtlinien als klassische "Parallelaktion" im Musilschen Sinne.

Diesmal halt nicht in Alt-Österreich angesiedelt, sondern in allen drei "Säulen" der EU: Ministerrat, Kommission sowie einem EU-Parlament, das dem Rat heuer schon einmal die Rechnung für Missachtung präsentiert hatte. Die vom Rat betriebene Software-Patentrichtlinie war zu Sommerbeginn mit überwältigender Mehrheit im Parlament abgeschmettert worden.

Die Ratsrichtlinie selbst ist derzeit noch nicht freigegeben, eine Version vom 16. September findet man allerdings bereits im Netz. Besonders interessant sind dabei die Fußnoten, die Vermerke enthalten, welches EU-Land zu welchem Punkte Vorbehalte hat.

"Cover Note" an Solana

Wie aus einem EU-internen Schreiben ["Cover Note" EU-Dok. Nr. 126671/05 ADD 1, "limite"] vom 27. September an Generalsekretär Javier Solana hervorgeht, stellen Mitgliedsstaaten, die Telekoms und Internet-Provider dazu verpflichten, Verkehrsdaten zu speichern, bis jetzt eine kleine Minderheit dar.

In 15 der 25 Staaten - darunter Deutschland und Österreich - gibt es keinerlei Datenpeicherpflicht für Ermittlungszwecke.