Nemsic: TA "will nicht nach China gehen"
Gute Geschäfte in Weißrussland
Telekom-Austria-Chef Boris Nemsic sieht die Zukunft der Festnetztelefonie im Zugang zum Breitband-Internet. "Festnetz ist nicht Festnetztelefonie, das ist vorbei", so Nemsic, der auch Chef der Telekom-Mobilfunktochter mobilkom ist. Eine Kannibalisierung des Festnetzes durch den Mobilfunk fürchtet er nicht, denn die beiden Geschäftsmodelle seien zu unterschiedlich. So gebe es beim Handy auch noch erhebliches Wachstumspotenzial bei der Telefonie, schließlich würde der Durchschnittskunde täglich nur rund sechs Minuten aktiv telefonieren.
Wirklich störend seien hingegen die Regulierungsvorgaben in Österreich. Ohne diese Eingriffe hätte die Telekom auch zuletzt ein gesundes Wachstum hingelegt. Wie berichtet bescherte das Vorjahr der Telekom den ersten Gewinnrückgang seit dem Börsengang im Jahr 2000. "Wir haben noch nicht die Kultur, wie man die Regulierung zurücknimmt", so Nemsic am Dienstag beim RZB-Business-Lunch.
Pragmatiker in Weißrussland
Mehr Freude hat Nemsic mit dem jüngsten Engagement in Weißrussland, wo die Übernahme des zweitgrößten Anbieters MDC bereits abgeschlossen sei. "In Weißrussland werden Dinge sehr pragmatisch gesehen", meinte Nemsic unter dem Gelächter der geladenen heimischen Topmanager. Künftig werde auch weiterhin Südosteuropa mit der Erweiterung "mediterraner Raum" im Fokus stehen. "Wir werden sicher nicht nach China gehen", so der in Sarajevo geborene Nemsic.
Zu der Kritik an der geplanten staatlichen ÖIAG-Arbeitsagentur, in die angeblich überzählige unkündbare TA-Mitarbeiter ausgelagert werden, meinte Nemsic, dass man die Historie der Telekom nicht vergessen dürfe. Das Unternehmen wurde von einem Staatsbetrieb in den freien Wettbewerb übergeführt und musste daher die Effizienz deutlich steigern. Dieses Potenzial werde in zwei bis drei Jahren so hoch sein, dass die Telekom dann zu viele Mitarbeiter haben werde.
Auslagerung belastet staatlichen Gewinnanteil
"Wir müssen das anders angehen als Unternehmen, die erst vor kurzem gestartet sind." Dass die nunmehr teilstaatliche Telekom hier nach dem Motto "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren" vorgehe, bestritt Nemsic. Laut bisher in den Medien kolportierten Überlegungen soll die ÖIAG-Arbeitsagentur teilweise aus der Dividende der Telekom bezahlt werden. Diese fließt - berechnet auf den Staatsanteil von 27,4 Prozent an der Telekom - ansonsten ins staatliche Budget.
(APA)