Widerstand gegen Fingerprint-Pässe

26.05.2008

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hält die Einführung von Fingerprint-Pässen für "grundrechtlich bedenklich". Die Gemeinden wollen nicht für die teuren Fingerabdrucklesegeräte zahlen.

Gemeinden protestieren

Der Gemeindebund hat sich am Montag zum Thema Passgesetz zu Wort gemeldet. Das Passgesetz soll geändert werden, um ab 2009 die Speicherung zweier Fingerabdrücke auf dem Chip des E-Passes zu ermöglichen. "Allein die Kosten für einen Fingerprint-Scanner betragen pro Gemeinde zumindest 1.000 Euro", lässt sich Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer [ÖVP] zitieren.

Er fordert, dass der Bund die Kosten für die technische Ausstattung und die Schulung der Mitarbeiter übernehmen solle. "Uns liegt keine schlüssige Aufgliederung der einmaligen und der laufenden Kosten für die Umsetzung dieses Gesetzes vor", schreibt Mödlhammer.

Kosten unklar

In den Materialien zum neuen Passgesetz schreiben die Juristen des Innenministeriums bisher lediglich, dass der Bund die Kosten für die Anpassung des Systems zur Generierung von digitalen Schlüsseln auf dem Reisepasschip sowie für den Aufbau eines Systems zur Erzeugung und Bereitstellung von Leseberechtigungszertifikaten in Höhe von ca. 700.000 Euro übernehmen werde.

Die Kosten für die Änderungen im Identitätsdokumentenregister belaufen sich demnach auf 300.000 Euro, die nach dem Länderschlüssel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden sollten. Davon, wer die Kosten für die Lesegeräte tragen soll, ist in dem Dokument nicht die Rede.

Die Stellen in den Passämtern sollen einen "eingeschränkten Zugriff" auf Daten im Identitätsdokumentenregister erhalten. Diese Freischaltung kostet 80.000 Euro.

Das Innenministerium hatte im April eine Ausschreibung für die Scanner gestartet. Die Frist läuft noch bis 3. Juni.

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz und die Wiener Landtagsabgeordnete Marie Ringler haben eine Kampagne gegen die Fingerprint-Pässe gestartet. Sie wiesen darauf hin, dass im Jahr 2007 lediglich zehn gefälschte österreichische Pässe aufgetaucht seien.

Rechtsanwälte protestieren

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag [ÖRAK], die Standesorganisation der Rechtsanwälte, hat sich in einer Aussendung vom Montag gegen die geplante Speicherung von Fingerabdruckdaten in Reisedokumenten ausgesprochen.

ÖRAK-Präsident Gerhard Benn-Ibler schreibt, es sei "eine unverhältnismäßige Einschränkung", das Staatsbürgerrecht auf Freizügigkeit an die Abgabe biometrischer Daten zu knüpfen.

Bedenken zum Datenschutz im Ausland

Der Verband weist auch darauf hin, dass die österreichischen Fingerabdruckdaten im Ausland keineswegs vor Missbrauch sicher sein werden.

"Zwar sollen die auf dem Chip gespeicherten Daten nur von Staaten ausgelesen werden dürfen, die angemessene Datenschutzstandards einhalten, einen Vorschlag zur Überprüfung dieser Einhaltung muss der Entwurf jedoch schuldig bleiben", so Benn-Ibler. Österreich fehle die Kompetenz, sich in die Angelegenheiten von Drittstaaten einzumischen.

Zudem führe der mit Fingerabdrücken versehene Pass eine Diskriminierung von EU-Bürgern gegenüber Staatsbürgern anderer Länder ein. Diese könnten in das Gebiet der EU einreisen, ohne in ihrem Land ebenso strengen Anforderungen unterworfen zu sein. Das bezeichnet Benn-Ibler als "problematisch".

Die EU plant bereits eine zentrale Datenbank für Fingerabdrücke aus den neuen biometrisch gesicherten Visumsdokumenten, die bei Datenschützern stark umstritten ist.

Verfassungsrechtliche Probleme

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt vermisst im Gesetz "nähere Regelungen über die Gewinnung der Fingerabdrücke bzw. über die nachfolgende Behandlung der Schablonen": "Schon die naheliegende Frage, wie und welche beiden Finger im Einzelfall gewählt werden, ist nicht geregelt", wird kritisiert.

In den Erläuterungen werde zwar ausgeführt, dass die Passbehörde die Abdrücke speichern soll, dies würde aber über den gesetzlich vorgesehenen Zweck hinaus gehen, monieren die Juristen. Sie halten grundsätzlich fest, dass sowohl die verpflichtende Erfassung biometrischer Daten als auch deren "Vorratshaltung", also Speicherung, "verfassungsrechtlichen Bedenken begegne und einer besonderen Begründung bedürfte". Die EU-Richtlinie wäre für eine Speicherung nicht Begründung genug, meint man im Verfassungsdienst.

Einführung 2009

Innenminister Günther Platter [ÖVP] hatte angekündigt, im Lauf des Jahres 2009 auch für Österreicher die Abgabe von zwei Fingerabdrücken bei der Beantragung eines neuen Passes verpflichtend zu machen.

Der Fingerprint-Pass ist ein gemeinsames Projekt der Innenministerien aus EU und USA, die über eine EU-Verordnung die Mitgliedsländer zur Einführung des biometrischen Identifikationsmerkmals verpflichtet haben.

(futurezone | APA)