Firefox 3.0 ist da

17.06.2008

Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit hat die Mozilla-Gemeinde die dritte Version des freien Web-Browsers Firefox vorgelegt. Mit seinem neuen technischen Unterbau empfiehlt er sich vor allem als Plattform für Web-Anwendungen.

Die Mozilla Foundation hat am Dienstag Version 3.0 des beliebten freien Web-Browsers Firefox veröffentlicht. Die Software steht ab sofort kostenlos zum Download bereit.

Mozilla will mit Firefox 3.0 den Guinness-Weltrekord für die meisten Software-Downloads innerhalb von 24 Stunden aufstellen. Firefox 3.0 läutet auch die nächste Runde im alten Konflikt zwischen Mozilla Foundation und Microsoft ein.

Systeme und Voraussetzungen

Firefox 3.0 läuft auf Windows 2000 und höher. Mozilla empfiehlt, einen Pentium ab 500 MHz Taktfrequenz einzusetzen, der auf wenigstens 128 MB RAM zurückgreifen kann - notfalls tun es auch 64 MB. Der Browser braucht 52 MB Platz auf der Festplatte.

Dieselben Hardware-Voraussetzungen gelten auch für Linux-Systeme. Hier braucht Firefox 3.0 den Kernel 2.2.14 oder höher mit glibc 2.3.2, XFree86-3.3.6, gtk+2.0, fontconfig/xft und libstdc++5.

Mac-User brauchen einen G3 mit mindestens 128 MB RAM, 200 MB freiem Festplattenplatz und OS X ab 10.4.

Neuer Unterbau

Kern von Firefox 3.0 ist die Rendering Engine Gecko 1.9. Sie bestimmt, wie der Browser die Informationen und Programme auf Websites dem Nutzer darstellt. Für die verbesserte Darstellung typographischer Details sorgt das Grafik-Subsystem Cairo, mit dem Firefox nun auch mit den in Fonts eingebetteten Informationen umgehen kann, die die Abstände zwischen bestimmten Buchstabenkombinationen [Unterschneidungen, Kerning] regeln und damit für ein harmonischeres Schriftbild sorgen. Auch Ligaturen in lateinischen und einigen nichtlateinischen Schriften kann Firefox 3 nun darstellen.

Engagierte Digitalfotografen werden sich darüber freuen, dass Firefox 3.0 nun auch mit Farbprofilen umgehen kann, die in die Metainformationen von digitalen Bildern eingebettet sind. Diese Daten sorgen dafür, dass die Bilder möglichst auf allen entsprechend eingestellten Monitoren und Druckern möglichst farbgetreu ausgegeben werden. Bisher brachte nur Apples Safari diese Option mit.

Da die Verarbeitung von Farbprofilen allerdings die Darstellungsgeschwindigkeit herabsetzen kann, haben sich die Firefox-Entwickler dazu entschlossen, die Option von vornherein ausgeschaltet zu lassen. Wer sie benötigt, kann sich das Color-Management-Add-on installieren oder - umständlicher - die Konfigurationsdatei von Firefox entsprechend verändern.

Online-Anwendungen beschleunigt

Firefox 3 trägt dem Trend zur Web-Anwendung Rechnung. Er bietet den Nutzern von Web-basierter Software nach Mozilla-Angaben gegenüber Firefox 2 eine doppelt so schnelle Abarbeitung von Anwendungen wie Google Mail und Zoho Office. Verantwortlich dafür ist die runderneuerte JavaScript-Engine. Auch der Offline-Modus solcher Anwendungen soll nun besser funktionieren.

Firefox 3 kann auch bestimmte Dateitypen mit Web-Anwendungen assoziieren. So ist es möglich, eine heruntergeladene Word-Datei etwa direkt in Google Docs & Spreadsheets öffnen zu lassen statt mit einer lokal installierten Anwendung.

Auch mit dem Speicher des Anwendercomputers soll Firefox 3 sparsamer und effizienter umgehen als sein Vorgänger. Die Daten des Nutzers, etwa seine Bookmarks, die History und die Cookies, werden nun in einem neuen Datenbankformat gespeichert, das auch bei einem Absturz des Systems seine Integrität behalten soll.

Stetiges Wachstum des Marktanteils

Gleich nach dem Erscheinen von Firefox 1.0 im November 2004 schaffte es der Browser auf 3,66 Prozent Marktanteil in der weltweiten Analyse des Marktforschungsunternehmens NetApplications. Der Marktanteil stieg über die Jahre bis auf 18,41 Prozent im Mai 2008.

Damit ist Firefox nach Microsofts Internet Explorer [alle Versionen], der es immer noch auf 73,75 Prozent Marktanteil bringt, weltweit die Nummer zwei unter den Browsern. Auf dem dritten Platz liegt bei NetApplications mit aktuell 6,25 Prozent bereits Apples Browser Safari, der für Mac OS X und Windows verfügbar ist - und auch auf dem iPhone und dem iPod Touch läuft. Der norwegische Browser Opera erreicht 0,71 Prozent, Netscape 0,62 Prozent.

Die Browser-Nutzungsstatistiken variieren je nach Anbieter der Statistik. Nach den Zahlen des Marktforschungsunternehmens OneStat etwa, die allerdings nur halbjährlich veröffentlicht werden, liegt der Internet Explorer im Februar 2008 weltweit mit 83,27 Prozent in Führung, Firefox bringt es dort auf nur 13,76 Prozent, Safari auf 2,18, Opera auf 0,55 und Netscape auf 0,14 Prozent.

Mehr Sicherheit

Angesichts der üblen Aktivitäten von Phishern und Crackern kommt Firefox 3 auch mit mehr Sicherheitsfunktionen daher. Der Malware-Schutz soll vor Schadsoftware warnen, die auf infizierten Websites lauert. Damit der Nutzer erst gar nicht auf gefälschte Websites hereinfällt, gibt es nun auch eine Funktion, die alle wichtigen Daten zu einer Website, etwa über die verwendeten Zertifikate, anzeigt.

Zu diesem Zweck unterstützt Firefox 3, anders als sein Vorgänger, das Online Certificate Status Protocol [OCSP] und hat es standardmäßig aktiviert. Damit können entsprechend gesicherte Zertifikate von Websites aktuell auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Allerdings arbeiten noch nicht alle Aussteller von Zertifikaten mit OCSP, ein Restrisiko bleibt auch bei Anwendung von Firefox 3. Auch Safari und Opera unterstützen OCSP, der Internet Explorer 7 auch - Letzterer allerdings nur unter Windows Vista.

Zu den weiteren Sicherheitsfunktionen zählen etwa die Überprüfung und notfalls Deaktivierung von Erweiterungsmodulen [Add-ons] und die bessere Integration mit Anti-Viren-Software. Firefox 3 für Windows Vista arbeitet mit den Kinderschutzprofilen des Betriebssystems zusammen und kann damit auch verhindern, dass bestimmte User unerwünschte Downloads initiieren.

Ein Schwachpunkt in SSL

In der Folge der Entdeckung, dass alle Schlüssel, die zwischen September 2006 und Mai 2008 mit der in der Linux-Distribution Debian eingesetzten Version des Kryptographiesystems OpenSSL erzeugt wurden, aufgrund eines Fehlers im Programm sehr einfach zu knacken und daher wirkungslos sind, hat CCC-Mitglied und Sicherheitsexperte Felix von Leitner auf ein Problem hingewiesen, das alle SSL-Anbieter und -Nutzer betrifft. Und zwar funktioniert das "Zurückrufen" einmal publizierter SSL-Zertifikate über die derzeit existierenden Mechanismen nicht richtig. SSL hat also ein grundsätzliches Sicherheitsproblem, bis ein System existiert, das den unmittelbaren Rückruf von fehlerhaften Zertifikaten erlaubt.

Neue Benutzeroberfläche

Generell soll sich Firefox nun besser in die Oberflächen der Betriebssysteme integrieren, auf denen er läuft. Schaltflächen und Icons folgen den Standards der verwendeten Oberflächen. Das Passwort-Management wurde verbessert, anstatt einer Dialogbox, die nachfragt, ob Passwörter gespeichert werden sollen, gibt es nun einen Informationsbalken unterhalb der Adresszeile, der verschiedene Optionen zum Umgang mit Logins und Passwörtern anbietet.

Auch der Download-Manager präsentiert sich visuell aufgeräumt und bietet nun bessere Funktionen zum Umgang mit heruntergeladenen Dateien. So ist es nun möglich, die Download-Liste nach Herkunftswebsite zu durchsuchen. Aktive Downloads werden ständig in der Statusleiste angezeigt. Schön: Firefox 3 kann nun auch mit Bordmitteln vorübergehend angehaltene Downloads wieder aufnehmen.

Zoom-Funktion für Mini-Notebooks

Eine nützliche Option für die Besitzer von Mini-Notebooks ist die neue Zoom-Funktion für die Gesamtanzeige von Websites, die sogar die Einstellungen des Nutzers für jede Site einzeln speichert. Hier zieht Firefox endlich mit Opera und Safari gleich.

Die "Smart Bookmarks" merken sich häufig besuchte Websites und machen sie schnell über eine gesonderte Schaltfläche zugänglich. Die Adresszeile ist nun übersichtlicher und "lernt" auch von den Anwendungsmustern des Users, bietet etwa nach Eingabe der ersten paar Zeichen einer Adresse zuerst die häufig besuchten Sites an. Bookmarks können nun auch nach Web-2.0-Manier durch Klick auf ein Sternchen in der Adresszeile hinzugefügt werden. Die Lesezeichen-Bibliothek erlaubt es dem Nutzer, seine Links mit Schlagwörtern [Tags] zu versehen und entsprechend thematisch zu gruppieren. Angesichts bewährter Online-Bookmark-Dienste wie del.icio.us mutet diese Neuerung allerdings eher überflüssig an.

Mehr zum Thema:

Die Konkurrenz

Auch wenn der Internet Explorer Microsofts geballte Macht auf dem Betriebssystemmarkt hinter sich hat, arbeiten Redmonds Entwickler derzeit hart am Internet Explorer 8, ihrer Reaktion auf die Herausforderung durch Firefox 3.0. Immerhin wird die Mozilla Foundation finanziell hauptsächlich durch ein Abkommen mit Microsofts Lieblingsgegner Google getragen. Die Stiftung bekommt nach einem Vertrag, der bis Ende 2008 läuft, Geld von Google für die Suchanfragen, die Firefox-User über die Suchmaschine tätigen. 2006 stammten 61 Millionen der insgesamt 66 Millionen US-Dollar, die von der Mozilla Foundation eingenommen wurden, aus diesem Geschäft.

Die zweite öffentliche Beta des Internet Explorer 8 ist für August 2008 angekündigt. Microsoft hat sich dazu entschlossen, den Browser so auszuliefern, dass er sich vom Start weg besonders eng an bestehende Web-Standards hält. Damit werden vor allem jene Unternehmen ihre Websites umgestalten müssen, die sich vorher allzu eng an die Eigenheiten der älteren Microsoft-Browser gehalten haben.

Apples Ellbogentaktik

Apple sorgte zuletzt im März für Irritationen unter den Windows-Nutzern seines Medien-Players iTunes, als das Unternehmen bei einem Update des Programms nicht nur automatisch die neueste Version von QuickTime, sondern auch die aktuellste Safari-Ausgabe 3.1 "huckepack" herunterladen und installieren ließ. Ein einfacher Trick, mit dem die beachtliche installierte iTunes-Basis dazu benutzt wurde, um die Reichweite von Safari zu steigern. Tatsächlich konnte Apple damit die installierte Basis von Safari auf Windows beinahe vervierfachen. Allerdings nur von 0,07 [März 2008] auf 0,27 Prozent [Mai 2008].

Neben den Schwergewichten der Szene hält sich das norwegische Unternehmen Opera weiterhin wacker. Es hat erst am 12. Juni die neueste Version 9.5 seines gleichnamigen Browsers veröffentlicht. Opera setzt weiterhin auf Kompaktheit, hohe Geschwindigkeit und Web-Standards-Konformität seines Produkts. Eigenschaften, die auch User des Mobilbrowsers Opera Mini zu schätzen wissen, mit dem sich in der neuen Version des Programms auch die Bookmarks einfach synchronisieren lassen.

Vorläufiges Fazit

Trotz der zahlreichen neuen Features fühlt sich Firefox 3.0 für den Endnutzer sowohl unter Windows als auch unter Linux und Mac OS X angenehm schnell an. Von der Saumseligkeit früher Betaversionen ist schon seit Release Candidate 1 nichts mehr zu spüren. Die Verbesserungen im Interface sind so gewählt, dass sie die gewohnten Arbeitsabläufe nicht stören, sondern bei Bedarf subtil unterstützen.

Was die neuen Sicherheitsfunktionen angeht, so können sie nur so gut sein wie die Mechanismen, auf die sie zurückgreifen, wie etwa SSL. Probleme wie jenes mit dem Rückruf schadhafter Zertifikate können von den Firefox-Entwicklern allein nicht gelöst werden.

Sicher ist dagegen, dass Microsoft mit dem Internet Explorer 8 ein Programm wird vorlegen müssen, das mehr zu überzeugen vermag als sein Vorgänger, der den langsamen, aber stetigen Verfall der IE-Marktanteile nicht aufhalten konnte.