Nemsic fordert Ende der Roaming-Limits

27.05.2008

"Wir brauchen Investments statt Intervention", kommentiert Telekom-Austria-Chef Boris Nemsic die Roaming-Regelungen der EU. Er verlangt ein Ende der EU-Limits für Roaming-Telefonate bis 2010.

Telekom-Austria-Chef Boris Nemsic übt neuerlich scharfe Kritik an der EU-Kommission. Mit den Plänen zur Regulierung der Nutzung von SMS- und Datendiensten im EU-Ausland gefährde die Kommission die Entwicklung der mobilen Datenlösungen, die gerade erst in den Kinderschuhen stecke, sagte Nemsic am Montag bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

Die geplanten EU-Roaming-Limits für zwölf Cent pro SMS und 35 Cent pro Megabyte seien völlig willkürlich gewählt und basierten auf falschen Annahmen.

Welcher finanzielle Schaden der Mobilfunkindustrie dadurch entstehen könnte, wollte der TA-Chef nicht beziffern. In zahlreichen Ländern würde dadurch ein mobiler Datenmarkt erst gar nicht entstehen, fürchtet er.

"Kommunismus in Brüssel"

Nemsic hatte schon Anfang des Jahres mit heftiger Kritik an der EU-Kommission für Aufsehen gesorgt. Damals hatte er in der "Financial Times" erklärt, der Versuch der EU-Kommission, die Endverbraucherpreise zu regulieren, erinnere ihn an den Kommunismus. "Wir wurden in Weißrussland viel besser behandelt als in Brüssel", so Nemsic damals.

Die damalige Antwort des Sprechers der für Telekommunikation zuständigen Kommissarin Viviane Reding: "Wir sehen zwei Arten von Unternehmen auf dem europäischen Telekommarkt: jene, die auf Konsumentenanliegen, regulatorischen Druck und Wettbewerb antworten, und solche, die damit Schwierigkeiten haben."

Auslandsgespräche: Nur zwei Prozent Plus

"Die Frage ist, ob unsere politischen Entscheidungsträger daran glauben, dass die freie Marktwirtschaft funktioniert oder nicht", sagte Nemsic.

Die seit September 2007 geltende EU-Regulierung für Roaming-Telefonate habe gezeigt, dass gesetzliche Tariflimits nicht den gewünschten Effekt brächten. Die Gesprächstarife im EU-Ausland seien zwar um 30 Prozent gesunken. Die Kunden hätten deshalb aber nur zwei Prozent mehr im EU-Ausland telefoniert, rechnete der Telekom-Austria-Chef vor.

Während die Inflation massiv steige, sei die Telekommunikation der einzige Wirtschaftssektor, in dem die Tarife sinken würden. "Wir regulieren also etwas, das ohnehin billiger wird", glaubt Nemsic.

Ende der EU-Roaming-Limits für 2010

Mit den jüngsten Roaming-Tarifen für Sprachtelefonie liege die mobilkom austria mittlerweile 49 Prozent unter den EU-Limits. Deshalb verlangt Nemsic auch, dass die EU-Roaming-Regulierung 2010 nicht mehr verlängert werden solle.

Keine verpflichtende Trennung

Außerdem sprach sich sich der Telekom-Austria-Chef gegen Überlegungen in der EU für eine verpflichtende Trennung der Netzinfrastruktur vom Absatz aus, wie sie im Stromsektor mittlerweile konkret werden.

Mit den kolportierten Überlegungen zur Teilung der Telekom Austria in Festnetz und Mobilfunk habe das nichts zu tun. "Wir sprechen nicht über eine funktionale Trennung. Wenn überhaupt, sprechen wir über ein komplett anderes Thema", so Nemsic.

"Investments statt Intervention"

Gleichzeitig forderte er angemessene Terminierungsentgelte, um den weiteren Netzausbau finanzieren zu können. Dabei geht es um jene Beträge, die Handybetreiber an Konkurrenten oder das Festnetz für die Durchstellung eines Gesprächs zahlen müssen.

"Mobilkom subventioniert Großkonzerne"

"Wir brauchen Investments statt Intervention", so seine Botschaft. Die höheren Terminierungsentgelte, die der Regulator den jüngeren Mobilfunkanbietern zugesteht, bezeichnete Nemsic als ungerechtfertigt. Die mobilkom austria habe so die Konkurrenten, die international viel größer seien und die mobilkom jederzeit schlucken könnten, im Vorjahr mit acht Mio. Euro subventioniert.

Zu den Streikdrohungen von Betriebsrat/Gewerkschaft wegen geplanter Personaleinsparungen bzw. Teilungsplänen für das Unternehmen wollte Nemsic in Brüssel vorerst nicht Stellung nehmen.

(APA)