DT-Spitzelaffäre "lückenlos aufklären"
Während die Deutsche Telekom in der Spitzelaffäre den Aufsichtsrat bemüht, nutzen Polizisten die Chance, um eine zentrale Datenbank für Telefonverbindungsdaten zu fordern. Die Daten seien bei Privatunternehmen nicht mehr sicher, so ein hoher Kriminalbeamter.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom [DT] will sich kurzfristig mit der Bespitzelungsaffäre beschäftigen. Für diesen Mittwoch sei eine Sitzung des obersten Konzerngremiums geplant, bestätigte ein Sprecher am Dienstag in Bonn. Die 20 Aufsichtsratsmitglieder sollen über den Stand der Lage informiert werden und das weitere Vorgehen beraten. Die Staatsanwaltschaft in Bonn nahm nach Angaben eine Sprechers bisher noch keine Ermittlungen auf.
Unterdessen forderte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, das Bundeskriminalamt [BKA] und die Staatsanwaltschaft müssten die Bespitzelungsvorwürfe lückenlos aufklären. Zudem sei zu prüfen, ob es einen systematischen und organisierten Bruch des Fernmeldegeheimnisses gegeben habe. Darüber hinaus sei zu klären, ob die Konzernspitze davon wusste und Weisungen dazu erteilt habe.
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Telekom 2005 und wohl auch im Jahr 2006 Verbindungsdaten illegal verwendet hatte. Dem Vernehmen nach soll es sich um Telefonate von Managern und Aufsichtsräten mit Journalisten handeln. Mit der Aktion sollte ermittelt werden, wer Informationen an die Presse weitergibt. Konzernchef Rene Obermann hatte Mitte Mai Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bonn erstattet. Welchen Umfang die Spionageaktion hatte und wer verantwortlich ist, ist noch offen.
Polizei will zentrale Datei
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter [BDK] forderte vor dem Hintergrund der Affäre, die Verbindungsdaten sämtlicher Telefonkunden in einer zentralen Datei unter Aufsicht des Datenschutzbeauftragten zu speichern.
"Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen. Es ist doch offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen mehr als schlecht aufgehoben sind", sagte BDK-Vorsitzender Klaus Jansen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" [Dienstag-Ausgabe].
Die Realität:
Die EU-Richtlinie zur Data-Retention ist in Deutschland bereits zum 1. Jänner 2008 in Kraft getreten. Die Data-Retention verpflichtet die Provider zur sechsmonatigen Vorratsspeicherung sämtlicher Telefonverbindungsdaten und sieht einen Zugriff durch Strafverfolger vor.
Gegen die Data-Retention haben deutsche Bürgerrechtler [AK Vorrat] eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Folgen der Privatisierung
Aus Expertensicht können mögliche Verletzungen von Fernmeldegeheimnis und Pressefreiheit der Deutschen Telekom nur mittelbar als Verfassungsverstöße zur Last gelegt werden. "Die Grundrechte gelten zunächst einmal nur im Verhältnis von Staat und Bürgern. Die Telekom ist aber inzwischen ein privates Unternehmen", sagte der Göttinger Verfassungsrechtler Werner Heun in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Hier sind vor allem mögliche Verstöße gegen das Strafrecht oder Datenschutzbestimmungen relevant."
(dpa | futurezone)