Brutzelndes Fett und blubberndes Joghurt
Die an der Fachhochschule St. Pölten entwickelte Sound-Datenbank AllThatSounds [ATS] hilft mit einer Kombination aus künstlicher Intelligenz und Beschlagwortung durch die Nutzer bei der Suche nach Geräuschkulissen für Videos und Computerspiele.
"Das Beschreiben von Geräuschen ist ein schwieriges Unterfangen", sagt Hannes Raffaseder, Leiter des Instituts für Medienproduktion an der Fachhochschule St. Pölten. "Nicht alle verstehen unter "dumpfer" und "spitzer" Sound das Gleiche", erläutert der Wissenschaftler und Sound-Designer.
Die von Raffaseders Institut ins Lebene gerufene Sound-Datenbank "All that Sounds - ATS" will die Orientierung in Sound-Bibliotheken erleichtern und Medienschaffenden beim Auffinden von Geräuschkulissen für Videos, Filme, Werbung, Hörfunk und Computerspiele behilflich sein.
2.500 Sounds zum Start
Am Freitag soll die Datenbank online gehen. Derzeit befinden sich rund 2.500 Sounds auf den Servern. "Die Sammlung ist unter Beteiligung der Studierenden entstanden. Wir hoffen aber, dass sie rasch wächst und sich eine lebendige Community bildet", hofft Raffaseder auf zahlreiche Uploads von Sound-Designern
Creative-Commons-Lizenzen
Genutzt werden soll die Datenbank von professionellen Medienproduzenten und von Leuten, die Sound-Kulissen für selbstgemachte Videos suchen. Die Sounds werden unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht und sind bei nichtkommerzieller Nutzung frei verfügbar.
"AllThatSounds" wird am Freitag, dem 30. Mai, im Rahmen der interdisziplinären Fachtagung Forum Akustische Medien an er Fachhochschule St. Pölten präsentiert.
Effiziente Kategorisierung
Um Sounds in umfangreichen Datenbanken besser auffindbar zu machen, wurde von Raffaseder und seinen Studierenden in zweijähriger Entwicklungszeit ein Kategorisierungsschema entwickelt, das eine präzise Beschreibung der Soundeffekte beim Eingeben in die Datenbank sicherstellen soll.
"Gängige Sound-Bibliotheken ermöglichen eine zielgerichtete Recherche nur über eine simple Beschreibung des auslösenden Vorgangs für das gesuchte akustische Signal, etwa 'Zuschlagen einer Autotüre der Marke X'", so der Forscher.
Daneben können Nutzer nach dem Vorbild von Foto- und Video-Sharing-Plattformen wie Flickr und YouTube die Inhalte auch selbst beschlagworten.
Automatische Suche nach Ähnlichkeiten
Die Datenbank sucht aber auch selbsttätig nach Ähnlichkeiten zwischen den Geräuschen. Die Sounds werden auf Basis signaltheoretischer Modelle analysiert. Algorithmen, die auch bei Musikempfehlungssystemen zur Anwendung kommen, filtern dann ähnlich klingende Geräusche heraus.
Ähnliche Technologien kommen seit kurzem auch beim FM4-Soundpark zum Einsatz. Dort werden Songs nach Ähnlichkeiten gruppiert. Als Basis dafür dient eine Frequenzanalyse der Audiodateien und die anschließende statistische Modellierung der Daten.
"Theaterdonner"
Die Sounds werden dabei aus der Sicht des Signals geordnet. "Regen auf Blechdach hat ähnliche Signaleigenschaften wie das Knistern von Feuer", erläutert Raffaseder. Im Sound-Design würden oft Geräusche eingesetzt, die mit dem vermeintlichen Original nicht zu tun haben, so Raffaseder.
"Im Film 'Terminator 2' etwa wurde das Geräusch von flüssigem Metall durch eine Kombination aus brutzelndem Fett und blubberndem Joghurt dargestellt, die ATS-Datenbank würde hierfür Vorschläge liefern", so Raffaseder
Auch beim sprichwörtlichen "Theaterdonner" werde auf Blech geschlagen, für Theaterbesucher klinge es dennoch wie Donner: "Falsche Klänge klingen in Kombination mit visuellen Informationen richtiger als die Originale."
Kommerzielle Verwertung angedacht
Die Sound-Datenbank soll auch künftig für Netznutzer frei zugänglich bleiben. Raffaseder denkt jedoch auch über die kommerzielle Verwertung der Technologie nach.
Bis Jahresende will er professionellen Sound-Designern und Tonstudios eine Stand-alone-Lösung der Datenbanktechnologie anbieten, mit der sie ihre eigenen Sound-Sammlungen verwalten können.
Bedarf nach einer übersichtlichen Lösung dürfte es geben. Christopher Boyes, der bei den Filmen "Herr der Ringe" und Titanic" für das Sound-Design verantwortlich zeichnete, erzählt Raffaseder, beschäftige in seinem Team zwei Leute ausschließlich dafür, um Ordnung in seiner Sound-Bibliothek zu schaffen.
(futurezone | Patrick Dax | APA)