Brasilien/Indien: Einspruch gegen OOXML
Nach Südafrika haben nun auch Brasilien und Indien Beschwerde bei der ISO gegen die Standardisierung von OOXML eingelegt. Die ISO wird in der kommenden Woche über das weitere Vorgehen entscheiden. Microsoft und Ecma International betrachten die Proteste als interne Vorgänge der ISO.
Das Brasilianische Institut für technische Normen [Associacao Brasileira de Normas Tecnicas; ABNT] hat am Donnerstag bei der ISO/IEC formalen Einspruch gegen die Standardisierung des von Microsoft unterstützten Bürosoftware-Dateiformats OOXML eingelegt. Brasilien hatte bereits bei der Abstimmung im März 2008 gegen die Annahme von OOXML als ISO-Standard gestimmt.
ISO-Sprecher Roger Frost bestätigte auf Anfrage von ORF.at den Eingang des Einspruchs des südafrikanischen Standardisierungsbehörde [SABS]. Kommende Woche werde eine Sitzung des ISO Technical Management Board stattfinden. Das Gremium werde nach diesem Treffen, am 6. Juni, kommunizieren, welche Einsprüche eingegangen sind und welche Auswirkungen diese auf die Publikation des Standards haben werden.
Am Freitag, den 30. Mai, hat Agenturberichten zufolge auch die indische Standardisierungsorganisation formalen Protest eingelegt und ist damit Südafrika und Brasilien gefolgt.
Probleme mit der Problemlösung
Brasilien folgt damit dem Einspruch Südafrikas. Auch die Argumentation in dem Schreiben, das von US-Patentanwalt und OOXML-Kritiker Andy Updegrove auf Englisch publiziert wurde, folgt jener der südafrikanischen Normungsinstitution.
Die zentralen Kritikpunkte konzentrieren sich darauf, dass beim Problemlösungstreffen [BRM] im Februar in Genf wichtige Punkte nicht hatten behandelt werden können und dass die ISO nicht, wie es nach ihren Regeln erforderlich gewesen wäre, nach 30 Tagen einen Entwurf an die Komiteemitglieder versandte.
Updegrove will aus vertrauenswürdigen Quellen erfahren haben, dass noch zwei weitere Länderorganisationen Einspruch gegen die Standardisierung von OOXML alias DIS29500 einbringen werden.
Sowohl Brasilien als auch Südafrika sind Vollmitglieder [P-Members] des zuständigen Standardisierungsgremiums ISO/IEC/JTC1/SC34, das derzeit insgesamt 34 Vollmitglieder und 13 Beobachtende Mitglieder [O-Members] zählt, unter Letzteren befindet sich auch Österreich.
Microsoft bleibt gelassen
Microsoft sieht den Einsprüchen unterdessen gelassen entgegen. "Das sind interne Prozesse bei der ISO, die nur formale Aspekte betreffen, nicht aber DIS29500 selbst", sagt Gerhard Göschl, Interoperabilitäts-Experte bei Microsoft Österreich.
"Einige Regeln bei der ISO sind unklar und müssen konkretisiert werden", sagt Göschl auf Nachfrage von ORF.at, "Auch Adobe hat schon im Dezember angekündigt, dass PDF 1.7 ISO-Standard ist. Die ISO hat die entsprechenden Dokumente immer noch nicht frei zugänglich auf ihrer Website publiziert. Das ist aber normal. Für unsere Kunden ist nur die reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Anwendungen wichtig, also dass sie von Office aus auf ODF-Dokumente zugreifen können."
Ecma: "Standard ist stabil"
Istvan Sebestyen, Sprecher der Standardisierungsorganisation Ecma, die OOXML als Ecma 376 bei der ISO zum Fast-Track-Verfahren eingereicht hat, erwartet keine Verzögerung bei der Publikation von ISO 29500.
"Der Fast Track von Ecma 376 als IS 29500 ist eine interne Angelegenheit von ISO/IEC", schreibt Sebestyen auf Anfrage von ORF.at, "Die Rolle von Ecma International dabei war/ist lediglich die Einreichung von Ecma 376 zum ISO/IEC Fast Track. Deshalb möchten wir als Ecma International die interne Prozesse und Ereignisse von ISO/IEC nicht kommentieren."
Ecma International verfolge die Einsprüche gelassen. Wichtig sei für ihn, dass Ecma 376 ein stabiler Standard sei, der "zahlreich auf unterschiedlichsten Plattformen millionenfach implementiert wurde", so Sebestyen. Es sei geplant, den endgültigen Standard ISO/IEC IS 29500 bei der Ecma selbst als Ecma 376 Edition 2 zu verabschieden.
(futurezone | AP)