Ex-Richter soll DT bei Aufklärung helfen
Die Deutsche Telekom [DT] holt zur Aufklärung des Spitzelskandals den Ex-Richter Gerhard Schäfer zu Hilfe. Unterdessen werden neue Vorwürfe gegen das Unternehmen laut.
Der Chef der Deutschen Telekom, Rene Obermann, holt sich zur Aufklärung des Spitzelskandals in seinem Unternehmen den Datenschutzexperten Gerhard Schäfer. Der ehemalige Richter am deutschen Bundesgerichtshof [BGH] soll als unabhängiger Fachmann für die Telekom ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten. Darauf verständigten sich Obermann und Schäfer am Freitag in Berlin.
Schäfer soll den Vorstand der Telekom "unmittelbar unterrichten", teilte die Telekom mit. Zusammen mit dem Vorstandsbeauftragten der Konzernsicherheit, dem ehemaligen Vizechef des Bundeskriminalamtes Reinhard Rupprecht, soll er nach Angaben des Konzerns "die Telekom-internen Untersuchungen zum missbräuchlichen Zugriff auf Telefonverbindungsdaten prüfen".
Affäre weitet sich aus
Die Spitzelaffäre selbst nimmt unterdessen immer größere Ausmaße an. Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht inzwischen, ob von dem Telekommunikationsriesen auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht wurden.
Außerdem geht sie dem Verdacht nach, dass im Auftrag des Konzerns mit einer speziellen Software Bewegungsprofile einzelner Personen erstellt wurden.
Demnach wurde über Mobilfunkdaten abgeglichen, wo sich diese aufhielten. Telekom-Chef Obermann erklärte, keine Kenntnis über ein angebliches Ausspähen von Bankdaten durch den Konzern zu haben.
Razzia in Konzernzentrale
Am Donnerstag hatte die Staatsanwaltschaft bei einer bundesweiten Razzia die Büroräume der Deutschen Telekom durchsucht und ein Ermittlungsverfahren gegen "weniger als zehn Personen" eingeleitet. Darunter sind auch der frühere Konzernchef Kai-Uwe Ricke und der ehemalige Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel. Es geht um den Verdacht von Verstößen gegen Fernmeldegeheimnis und Datenschutz.
Verschärfung von Datenschutzgesetzen
Die Affäre könnte auch zu einer Verschärfung der Datenschutzgesetze in Deutschland führen. Eine Sprecherin des deutschen Justizministeriums sagte am Freitag, nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in der Spitzelaffäre um die Deutsche Telekom müsse überlegt werden, wie der Datenschutz verbessert werden könne. Ein Weg wären Selbstverpflichtungen der Unternehmen, ein anderer Gesetzesänderungen.
Kontrollmaßnahmen gefordert
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, forderte unterdessen Maßnahmen zur Kontrolle des Datenschutzes in der Wirtschaft. "Man kann den Datenschutz der Wirtschaft offenbar nicht allein der Wirtschaft überlassen", sagte der Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In Teilen der Wirtschaft fehle es "an einem Mindestmaß an Anstand und an Achtung vor Recht und Gesetz".
Die Vertraulichkeit der Daten sei die Grundlage eines Telekommunikationsunternehmens. "Was die gemacht haben, ist in etwa so, als würde ein Nahrungsmittelhersteller Gift in Nahrungsmittel geben. Das ist ein unglaublicher Vorgang", zitierte die Zeitung den Sozialdemokraten. Der "Saustall Telekom" müsse ausgemistet werden, sagte der Politiker.
Selbstverpflichtungen
Das deutsche Innenministerium will bereits am kommenden Montag mit der Telekommunikationsbranche über mögliche Selbstverpflichtungen reden. Die Unternehmen sollten einen Ehren- und Verhaltenskodex entwickeln, der sich speziell dem Datenschutz widmet, hieß es in Berlin.
(APA | dpa | Reuters)