Ricke wollte Indiskretionen nachgehen
Der Ex-Chef der Deutschen Telekom, Kai-Uwe Ricke, hat in der Spitzelaffäre des Unternehmens zugegeben, den Auftrag zur Suche nach der Quelle von Indiskretionen gegeben zu haben. Die Staatsanwaltschaft prüft unterdessen Ermittlungen gegen Betriebsratschef Wilhelm Wegner.
Ricke verwehrte sich in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gegen den Verdacht, er habe die bei der Suche angewandten Methoden gebilligt oder gar angeordnet. "Zu keiner Zeit war von mir daran gedacht, Verbindungsdatensätze analysieren zu lassen, geschweige denn abgleichen zu lassen. Einen entsprechenden Auftrag habe ich nie gegeben."
Sollte ein Abgleich von externen und internen Stellen vorgenommen worden sei, "war mir das nicht bekannt", sagte der ehemalige Vorstandschef. Er habe seinerzeit den Leiter der Konzernsicherheit beauftragt, die Quelle von Indiskretionen zu suchen und diese abzustellen.
Auch Zumwinkel involviert
"Das war meine Pflicht als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom als börsennotiertem Unternehmen." Das sei in Kenntnis des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel geschehen, betonte Ricke. "Auch das für die Konzernsicherheit zuständige Vorstandsmitglied Heinz Klinkhammer wurde zeitnah involviert."
Klinkhammer hatte dem "Handelsblatt" gesagt, der Auftrag, die Lücken für die Indiskretionen zu finden und zu schließen, sei "an mir sowie am Chef der Konzernsicherheit vorbei aus dem Umfeld Ricke und Zumwinkel erteilt worden". Der Mitarbeiter der Konzernsicherheit, der den Auftrag bekommen habe, "hat mir versichert, dass Ricke und Zumwinkel ihm in der Angelegenheit einen Maulkorb erteilt haben".
Spionage zugegeben
Die Deutsche Telekom hat eingeräumt, dass zwischen 2005 und 2006 mindestens ein Jahr lang Telefondaten ausspioniert wurden. Ziel der Spionage sollen Aufsichtsräte und Journalisten gewesen sein. Laut "Süddeutscher Zeitung" wurden außerdem Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht.
Obermann streitet Verwicklung ab
Geschäftsführer Obermann beteuert unterdessen weiter seine Unschuld. Er will die Verantwortlichen für die Bespitzelungen durch sein Unternehmen zur Rechenschaft ziehen und versichert gleichzeitig, dass die Kundendaten sicher seien.
Datenschutz sei für die Deutsche Telekom und ihn persönlich ein zentrales Anliegen, sagte Obermann der "Bild am Sonntag": "Unsere Mitarbeiter leisten gute und saubere Arbeit. Wer jedoch gegen Recht und Gesetz oder Vorschriften der Telekom verstößt, wird ohne Ansehen von Rang und Person zur Rechenschaft gezogen werden."
Der Vorstandsvorsitzende betonte erneut, dass er nicht persönlich in den Skandal verwickelt sei. "Ich habe von einem ersten Fall von Datenmissbrauch bei der Deutschen Telekom im Sommer des vergangenen Jahres erfahren und danach nichts vertuscht, sondern die nötigen personellen und organisatorischen Konsequenzen gezogen."
Alles Weitere würden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben. "Die Vorgänge müssen aufgeklärt werden - wo immer ich einen Beitrag dazu leisten kann, werde ich das tun."
Ermittlungen gegen Betriebsratschef
Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" prüft die Bonner Staatsanwaltschaft unterdessen auch, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen den Konzernbetriebsratschef Wilhelm Wegner einleitet.
Wegner gehört dem Aufsichtsrat an. Die Telekom hatte ihn 2005 ausgespäht und einen Kontakt zu dem "Capital"-Journalisten Reinhard Kowalewsky nachgewiesen. Der Betriebsratschef bestreitet Vorwürfe der Konzernleitung, vertrauliche Informationen weitergeleitet zu haben.
Die Staatsanwaltschaft prüft der Zeitung zufolge nun gleichwohl, ob Wegner gegen das Aktiengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen hat. Wer als Vorstand oder Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft Geschäftsgeheimnisse preisgibt, die er in dieser Funktion erfahren hat, dem drohen laut Aktiengesetz entweder eine Geldstrafe oder eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren.
(APA | dpa)