Deutschland beschließt neues BKA-Gesetz
Das deutsche Bundeskabinett hat am Mittwoch nach jahrelangem Streit mit dem BKA-Gesetzesentwurf zahlreiche neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt [BKA] beschlossen. Zur Terrorabwehr dürfen die Ermittler künftig Computer und Wohnungen Verdächtiger ausspähen.
Das Gesetz sei ein "wichtiger Baustein in der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland", sagte der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] in Berlin.
Die Regierung schaffe "damit die erforderlichen Befugnisse des Bundeskriminalamts im Kampf gegen den internationalen Terrorismus". Erstmals erhalte das BKA eine eigene Befugnis zur Gefahrenabwehr. Bisher habe die Behörde nur als Hilfsorgan bei Ermittlungen tätig werden dürfen. Den Ländern werde nichts von ihrer Polizeibefugnis genommen, sagte Schäuble.
Der Minister wies Kritik zurück, persönliche Daten und Privatsphäre seien nicht genügend geschützt. "Wir haben den Gesetzentwurf sorgfältig erarbeitet." Er entspreche allen verfassungsrechtlichen Vorgaben, die Verunsicherung sei unbegründet.
Optische Wohnraumüberwachung
So soll das BKA künftig auch zur optischen Wohnraumüberwachung greifen, also Wohnungen Verdächtiger mit Kameras ausspähen können. Das sei aber nur unter engen Voraussetzungen möglich. Das gelte auch für die koalitionsintern noch strittige BKA-Befugnis, notfalls auch Wohnungen Dritter überwachen zu können. Das solle möglich sein, wenn sich Gefährder dort aufhalten, erläuterte Schäuble, nicht wenn sie irgendwann einmal in der entsprechenden Wohnung waren.
Online-Durchsuchung auf Schiene
Auch die heimliche Online-Durchsuchung soll erlaubt werden. Die Union konnte sich nicht damit durchsetzen, dass Beamte eine entsprechende Software direkt in den Wohnungen Verdächtiger auf die Computer aufspielen können. Das sei auch nicht nötig, sagte Schäuble. Ein "Bundestrojaner" muss damit auf anderem Wege eingeschleust werden. Der Innenminister forderte abermals Diskussionen darüber, ob die Beamten nicht darüber hinaus Wohnungen betreten können sollen.
"Schwarzer Tag für die Bürgerrechte"
In der SPD gibt es weiter Vorbehalte gegen die Gesetzesänderung. "Wir wollen keinen Schnüffelstaat haben", versicherte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy [SPD], im ZDF.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sprach von einem "schwarzen Tag für die Bürgerrechte". Die SPD solle das Gesetz noch aufhalten. Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz kritisierte: "Das BKA wird zur Super-Spitzelbehörde ausgebaut." Schäuble habe einen neuen Höhepunkt seiner "grundrechtsfeindlichen Politik" vorgelegt. Es fehle an rechtsstaatlichen Sicherungsmechanismen.
Wolfgang Neskovic, Fraktionsvize der Linken, kritisierte: "Nach der Vorratsdatenspeicherung stellt das geplante BKA-Gesetz einen weiteren Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der deutschen Sicherheitsbehörden dar."
Polizeigewerkschaft beklagt Hürden
Die Gewerkschaft der Polizei [GdP] kritisierte hingegen die geplanten Hürden bei Anwendung neuer Ermittlungsbefugnisse. "Der Kampf gegen den Terrorismus ist auch ein Wettlauf gegen Zeit und Technik", sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. "Verliert die Polizei diesen Wettlauf, bezahlen die Bürger mit Gesundheit und Leben." Die Parlamentarier dürften das Gesetzgebungsverfahren nicht aus wahltaktischen Gründen verzögern.
Geht es nach der deutschen Bundesregierung, soll das BKA seine Aktivitäten im Rahmen der Online-Durchsuchung selbst kontrollieren. Die SPD-Bundestagsfraktion erinnert an das Prinzip der Gewaltenteilung und will richterliche Kontrollen.
(dpa)