Dual Boot für Wiener Kindergärten
Der Wiener Gemeinderat hat die Umstellung von Windows 2000 auf Vista beschlossen. In den Wiener Kindergärten wird Linux weiterhin im Einsatz bleiben, allerdings gemeinsam mit Windows, verspricht die zuständige Magistratsabteilung 10. Die EDV-Verantwortlichen der Stadt sehen das Prinzip der System-Wahlfreiheit allmählich an seine Grenzen stoßen.
Der Wiener Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom Mittwoch dem Antrag stattgegeben, nach dem die Verwaltungsrechner von Windows 2000 und Office 2000 auf Windows Vista und Office 2007 umgestellt sowie die 750 Rechner, die in den Kindergärten der Stadt im Einsatz sind, von Linux auf Vista migriert werden.
Das Geschäft hat insgesamt ein Volumen von rund acht Millionen Euro, die Umstellung der Kindergarten-Rechner der Magistratsabteilung 10 kostet rund 105.000 Euro.
Grüne stimmen dagegen
Für die Umstellung auf Vista stimmten SPÖ, ÖVP und FPÖ, dagegen stimmte die Fraktion der Grünen. Marie Ringler, Technologiesprecherin der Wiener Grünen, hatte im Vorfeld die Entscheidung der Stadtverwaltung kritisiert.
Die Open-Source-Strategie der Stadt sei inkonsequent und vernachlässige die Förderung heimischer EDV-Firmen, die Open-Source-Dienstleistungen anbieten. SPÖ und Stadtverwaltung sehen dagegen keinen Bruch mit der bisherigen Strategie, die Wiener Linux-Distribution Wienux werde weiterentwickelt.
Insgesamt laufen rund 1.000 von insgesamt 32.000 Rechnern der Wiener Stadtverwaltung unter Linux, die Kindergarten-Rechner eingeschlossen.
Dual Boot
Christine Spieß, Dienststellenleiterin der für die städtischen Kindergärten zuständigen Magistratsabteilung 10, sagte ORF.at am Mittwochnachmittag, dass Linux aber weiterhin in den Kindergärten zum Einsatz kommen werde.
"Wir haben hier mit Linux begonnen, und viele Kolleginnen sind daran gewöhnt", sagt Spieß. Die Software für die verpflichtenden Sprachtests sowie einige andere Lernprogramme seien unter der Wiener Linux-Distribution Wienux nicht gelaufen. Der eigentliche Grund für den Windows-Einsatz sei aber, dass man den Erzieherinnen ermöglichen wolle, Software zu verwenden, die nur auf Windows laufe. "Es geht um die pädagogischen Möglichkeiten", so Spieß. Die Kosten für die Wahlmöglichkeit seien gering.
Insgesamt, so Spieß, sei die MA 10 mit Wienux sehr zufrieden. "Ich bin von Linux überzeugt", sagt sie, "Es hat aber auch einige Schwächen." Insgesamt sei es aber die Politik der der Stadt, weiterhin auf Linux zu setzen.
Bei der Software für die Sprachtests handle es sich um eine Lösung, die von der Rostocker Firma iSM hergestellt wurde. Die Software sei schon vor längerer Zeit für den Stadtschulrat entwickelt worden. Die Kindergärten aber seien erst vor zwei Jahren mit Computern ausgestattet worden. Dass auf deren Rechnern Linux zum Einsatz kommen würde, habe auch iSM nicht wissen können, so Spieß.
Die Software
Erwin Gillich, Leiter der für EDV-Dienste zuständigen Magistratsabteilung 14, bestätigte gegenüber ORF.at nochmals, dass der Grund für die Vista-Einführung auf den Kindergarten-Rechnern die Sprachtest-Software sei. Diese sei auch bei Tests mit dem Internet Explorer auf Linux nicht gelaufen: "Das Programm braucht nicht nur den Internet Explorer, sondern auch einige Plug-ins". Außerdem sei der Windows-Emulator Wine mit zahlreichen für Windows geschriebenen Lernprogrammen nicht zurechtgekommen. "Da hat es häufig Abstürze gegeben", so Gillich.
Keiner dieser beiden Gründe sei für sich stark genug gewesen, um die Einführung von Vista in den Kindergärten zu rechtfertigen, beide zusammen aber schon.
Die Kosten
Ein Arbeitsplatzrechner inklusive Bildschirm, Tastatur und Maus koste die Stadt bei der Anschaffung rund 450 Euro. Dazu kämen noch die Kosten für Support durch die MA 14 sowie der Lizenzkostenanteil, der für Windows 31 Euro und für Office 62 Euro betrage. Beim Einsatz von Wienux fielen die letzten beiden Kostenpunkte weg, so Gillich. Es gebe aber beim Einsatz von Wienux und OpenOffice auch Probleme mit SAP, was die Umstellung auch gewöhnlicher Bürorechner erschweren würde.
Derzeit befassten sich in der MA 14 "zwei bis drei Mitarbeiter" mit der Weiterentwicklung von Wienux. "Das kostet uns nicht viel", sagt Gillich. Die Entwicklung und Bereitstellung von Wienux im Jahr 2005 habe zwischen 500.000 und 600.000 Euro gekostet. Mit dem Prinzip der Freiwilligkeit sei man aber mittlerweile an die Grenzen gestoßen, so Gillich. Es sei aus Sicht des Staatsbürgers sinnvoll, eine politische Entscheidung für oder gegen Wienux zu treffen.