TA-Proteste: Kanzler greift ein

05.06.2008

Rund 5.000 Mitarbeiter der Telekom Austria [TA] haben am Donnerstag gegen die geplante Ausgliederung von rund 2.000 Beamten in eine Arbeitsagentur protestestiert. Laut Bundeskanzler Alfred Gusenbauer [SPÖ] soll es keine Auslagerung der Mitarbeiter ohne Zustimmung der Gewerkschaft geben.

Rund die Hälfte der Mitarbeiter der Festnetzsparte der Telekom Austria fanden sich am Donnerstag bundesweit zu Betriebsversammlungen ein. Rückenwind erhielten sie von Bundeskanzler Gusenbauer, der eine staatliche Arbeitsagentur für TA-Beamte ohne Zustimmung der Belegschaftsvertreter ausschloss. "Es geht nicht nur um die Interessen der Firma, sondern auch um die der Belegschaft", präzisierte Gusenbauer-Sprecher Stefan Pöttler.

Finanzminister am Zug

Konkrete weitere Schritte kündigten die Belegschaftsvertreter nicht an, sie ließen aber keinen Zweifel daran, dass sie auch vor Streiks nicht zurückschrecken. Am Zug sei nun Finanzminister Wilhelm Molterer [ÖVP] als Eigentümervertreter, der "endlich" zur heftig umstrittenen ÖIAG-Arbeitsagentur klar Stellung nehmen solle.

Es gebe noch keine entscheidungsreife Grundlage, sagte ein Sprecher des Finanzministers gegenüber ORF.at. Die zuständigen Organe seien am Zug.

ÖIAG: "Lage unverändert"

Ein zuständiges Organ, die staatliche Holding ÖIAG, unter deren Dach möglicherweise tausende Telekom- und Post-Mitarbeiter ausgelagert werden sollen, betonte, dass sie weiterhin auf Gespräche setze und an einen Konsens glaube.

Dass der Bundeskanzler eine ÖIAG-Arbeitsagentur ohne Zustimmung der Gewerkschaft ausgeschlossen hat, wollte die ÖIAG nicht kommentieren. Die Lage sei unverändert, hieß es.

Verunsicherung groß

In der Belegschaft der teilstaatlichen TA ist jedenfalls die Verunsicherung groß. "Wann weiß ich, wann ich abgesägt werde?", fragte eine besorgte Mitarbeiterin. Und ein Kollege meinte angesichts heftigen Regenfalls: "Das Wetter entspricht der allgemeinen Stimmung im Unternehmen."

Die Eventhalle in der Wiener Remise, die laut Vermieter rund 2.500 Personen fasst, war gesteckt voll. In den Bundesländern hätten sich noch weitere 2.500 Beschäftigte eingefunden, hieß es in einer Grußbotschaft aus Wien.

"Der ÖGB wird euch begleiten. Wir sind trotz der Krise in den vergangenen Monaten voll da. Da, damit nicht Menschen entsorgt werden", sagte ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer.

"Managementfehler"

Post-Gewerkschaftschef Gerhard Fritz betonte, dass die Postler solidarisch hinter den Beschäftigten der Telekom Austria stünden. Fritz sprach von schweren Managementfehlern in der Vergangenheit, wobei hier auch die Rolle der ÖIAG hinterfragt werden müsse.

Eine Einschätzung, die die Mitarbeiter auf Transparenten teilten: "Vorstandsgehälter saniert, Mitarbeiter planiert" und "Belegschaft im Fadenkreuz" war zu lesen. In Anspielung auf die geplante ÖIAG-Arbeitsagentur hieß es: "Arbeit statt Pool". Es war die Rede von einer "Beamtenhatz" und davon, dass es dem Management nur um die Aktionäre und ihre Erfolgsprämien gehe. "Die sanieren sich auf unsere Kosten", so eine Mitarbeiterin.

Teilerfolg für Betriebsrat

TA-Betriebsratschef Michael Kolek verwies unterdessen auf einen Teilerfolg im Kampf um die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Künftig würde die Errichtung von Mobilfunkmasten nicht mehr von externen Firmen, sondern von Mitarbeitern des Festnetzes durchgeführt, was 195 Jobs sichern werde. Er hofft, weitere derartige Vereinbarungen erzielen zu können.

Umstrittene Beamtenagentur

Die Staatsholding ÖIAG will mit kräftiger Unterstützung von TA-Chef Boris Nemsic rund 2.100 Mitarbeiter der schwächelnden Festnetzsparte in die ÖIAG auslagern. Diese Mitarbeiter sind beamtet, können also nicht gekündigt und nur bedingt versetzt werden. Weiters soll es Überlegungen geben, 3.000 Postler ebenfalls in die Arbeitsagentur abzuschieben.

Die Beamten in der Agentur sollen an andere Unternehmen vermietet werden, geht das nicht, müssen sie Daumen drehen. Von der ÖVP wurde bisher Zustimmung zu der Agentur signalisiert, während sich die SPÖ klar dagegen ausspricht.

Die Telekom Austria hatte im heurigen Jahr deftige Kursverluste hinnehmen müssen, was die Spekulationen über eine mögliche Abspaltung der hochprofitablen Mobilfunktochter mobilkom wieder anheizte.

Demnach könnte die mobilkom gesondert an die Börse gebracht werden, während der unter Kundenschwund leidende Festnetzbereich wieder verstaatlicht werden könnte oder eigenständig an der Börse bleiben soll. Derzeit hält der Staat 27,4 Prozent an der Telekom Austria.

(futurezone | APA)