Test für Filesharing-Abgabe in Schweden

07.06.2008

Die Verwertungsgesellschaft STIM will in Schweden ab Herbst gemeinsam mit Internet-Anbietern ein Modell zur Entkriminalisierung des Tauschs urheberrechtlich geschützter Musik-Files testen. Noch sind viele Fragen offen.

Klagen gegen Tauschbörsennutzer seien auf lange Sicht keine Lösung, meinte Scott Farrant von der schwedischen Verwertungsgesellschaft STIM gegenüber ORF.at. Im Herbst will die Verwertungsgesellschaft gemeinsam mit Internet-Anbietern ein System testen, bei dem das Herunterladen von urheberrechtlich geschützter Musik aus Online-Tauschbörsen optional durch eine monatliche Gebühr abgegolten werden kann.

Mit der Lizenz solle der Tausch von Musik monetarisiert werden, so Farrant. STIM werde Internet-Anbietern Lizenzen für die Nutzung von Musik anbieten, die sie an ihre Kunden weiterverkaufen können. Musik selbst werde man nicht bereitstellen.

Einladungen an schwedische Internet-Anbieter zur Teilnahme an dem Testlauf für eine Filesharing-Lizenz sollen demnächst erfolgen. Auch andere Rechteinhaber, etwa der schwedische Arm des Musikwirtschaftsverbandes IFPI und die Künstlervereinigung SAMI, die schwedische Musiker vertritt, seien in die Diskussionen einbezogen, sagte Farrant.

Preisgestaltung offen

Wie viel die Lizenz zum Musiktausch für Endnutzer kosten wird, ist noch unklar. Die Preisgestaltung wolle man mit den Internet-Anbietern überlassen, sagte Farrant. Vorstellbar seien auch verschiedene Tarife für unterschiedliche Nutzergruppen: "Wir hoffen auf viele Vorschläge der Internet-Anbieter."

Der schwedische Provider Tele 2 hat bereits Interesse signalisiert. In schwedischen Medien war von einer möglichen monatlichen Gebühr von rund fünf Euro die Rede.

Die schwedische Verwertungsgesellschaft hat bereits im Februar dieses Jahres Filesharing-Lizenzen für schwedische Nutzer zur Diskussion gestellt und Internet-Anbieter und Rechteinhaber zu Gesprächen geladen. Auf den Start des Testlaufs im Herbst habe man sich bei einem Seminar vor zwei Wochen verständigt, sagte Farrant.

Begrenzter Zeitraum

Die Filesharing-Lizenzen sollen zunächst für einen begrenzten Zeitraum angeboten werden.

Der Testlauf soll auch dazu dienen, Möglichkeiten der Verteilung der eingenommenen Gelder zu evaluieren.

"Wir wollen mehrere technische Möglichkeiten testen", kündigte Farrant an. Download-Zahlen sollen ebenso eruiert werden wie die tatsächliche Nutzung der Musik. Dabei sei unter anderem an den Einsatz der Open-Source-Software Audioscrobbler gedacht. Mit der Software solle erfasst werden, welche Songs auf den Rechnern der Nutzer abgespielt werden, sagte Farrant: "An anderen Nutzderdaten haben wir kein Interesse."

Audioscrobbler liefert auch die Datenbasis für den Musikempfehlungsdienst last.fm und meldet Songs, die auf den Computern der Nutzer laufen, an die Server des Dienstes. Bei last.fm dienen die so gewonnenen Daten als Ausgangsmaterial für personalisierte Online-Radiostreams und Musikempfehlungen, die mit Hilfe kollaborativer Filtermethoden aus dem Abgleich der Hörgewohnheiten der Community gewonnen werden.

Keine Konkurrenz zu Online-Musikdiensten

Bestehenden Angeboten soll mit der Filesharing-Abgabe keine Konkurrenz gemacht werden, so Farrant.

Im Testlauf sollen auch Auswirkungen auf existierende Dienste erhoben werden: "Wir wollen keine Kannibalisierung von Online-Musikangeboten."

Seit Jahren diskutiert

Gebühren für Musik aus dem Netz werden seit Jahren als Alternative zu den Klagen der Musikindustrieverbände gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz diskutiert. Auch der Musikmarktexperte Gerd Leonhard, der diese Woche anlässlich einer parlamentarischen Enquete zur österreichischen Musiklandschaft in Wien weilte, macht sich seit längerem für ein solches Modell stark.

"Die Netznutzung von Musik muss lizenziert werden", sagte Leonhard am Dienstag im Parlament. "Das Internet ist das neue Radio." Schon eine Gebühr von einem Euro pro Nutzer und Woche würde die Einnahmen der Musikindustrie verdoppeln.

Daneben gebe es durch den Verkauf von Konzertkarten, DVDs und Marketingartikeln zahlreiche zusätzliche Einnahmequellen für die Musikwirtschaft.

Zu einer Filesharing-Lizenz für Musik siehe auch:

Auch in Österreich bemüht sich der Verband der heimischen Musikwirtschaft, IFPI Austria, um eine Zusammenarbeit mit den Internet-Anbietern. Zuletzt war auch dabei von Flatfee-Modellen die Rede, die Nutzern gegen eine monatliche Gebühr Zugriff auf ein breites Repertoire an Musik bieten. Die Kontrolle über die angebotene Musik soll dabei jedoch, anders als bei der schwedischen Filesharing-Lizenz, bei den Labels bleiben.

Auch an ein uneingeschränktes privates Nutzungsrecht der Musik ist dabei jedoch nur bedingt gedacht. Die Tarifgestaltung werde sich daran orientieren, ob auf die Musik-Files nur zugegriffen werden kann oder ob sie tatsächlich in den Besitz der Nutzer übergehen, sagte IFPI-Austria-Präsident Hannes Eder im Februar. Man wolle gemeinsam mit den Providern "vielschichtige Modelle" ausarbeiten.

(futurezone | Patrick Dax)