Handy-TV geht auf Sendung
Am Freitag ist in Wien der offizielle Startschuss für Handy-TV via DVB-H gefallen. 15 TV- und fünf Radioprogramme von ORF bis Laola1.tv können die Handynutzer von One, Hutchison und mobilkom austria gegen einen Aufpreis von bis zu neun Euro im Monat empfangen. Die heimischen Handynutzer sind aber skeptisch, so eine Studie.
Mit einem symbolischen Knopfdruck nahm Medienministerin Doris Bures [SPÖ] vor versammelter Presse das DVB-H-Netz für Österreich in Betrieb. Ab sofort können Nutzer mit den entsprechenden Endgeräten in den EM-Spielstädten Wien, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt 15 österreichische und internationale Fernsehprogramme sowie fünf nationale Radioprogramme im DVB-H-Standard empfangen.
DVB-H steht für Digital Video Broadcasting-Handheld, ein System, das TV-Programme auf tragbare und mobile Empfänger mit kleinen Bildschirmen sendet. DVB-H ist ein von der EU-Kommission festgelegter Standard und baut auf dem digitalen Antennenfernsehen DVB-T auf.
Die DVB-H-Anbieter loben vor allem die gute Qualität als Vorteil von DVB-H gegenüber anderen Technologien: Da die Bildauflösung für die kleinen Bildschirme von Handys nicht sehr hoch sein muss, ist die zu übertragende Datenmenge sehr viel kleiner als bei DVB-T. Dadurch können mehr Programme ausgestrahlt werden, zudem wird beim Stromverbrauch gespart.
Alle Landeshauptstädte bis Ende 2008
Bis Ende des Jahres sollen alle Landeshauptstädte und damit, wie von der Regulierungsbehörde gefordert, rund 50 Prozent der Bevölkerung DVB-H empfangen können. Alles Weitere hängt den Betreibern zufolge davon, ab wie der Markt den neuen Dienst annimmt.
"Das Projekt Handyfernsehen ist für mich ein Beispiel für eine funktionierende und flexible Medienpolitik. Österreich wird durch den Ausbau des DVB-H-Standards Technologieführer in Europa, und es werden auch zahlreiche Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen", unterstrich Bures am Freitag die Bedeutung dieses technologischen Fortschritts.
Aktuell gibt es 15 TV-Kanäle: ORF1, ORF2, ATV, Puls 4, Pro7Austria, RTL, Sat1Österreich, VOX, Laola1.tv, LaLaTV, Red Bull, RTL 2, N24, Super RTL und KroneTV. Dazu kommen die Radioprogramme Ö3, FM4, Kronehit, Ö1 und LoungeFM.
Pünktlicher Start zur Fußball-EM
Nach dem turbulenten Ausschreibungsverfahren mit wechselnden Allianzen zeigt sich der Lizenzhalter Media Broadcast stolz auf die schnelle Errichtung der nötigen Infrastruktur. "Wir stellen Österreich unsere Leistungen pünktlich zur Verfügung", sagte Helmut Egenbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Media Broadcast. "Damit erfüllen wir die hohen Erwartungen, die bereits bei der Vergabe der bundesweiten Multiplex-Plattform für Österreich zugrunde gelegt waren."
Erst am Donnerstag war die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft in Österreich erfolgt. "Wir hatten von vornherein das Ziel eines langfristigen Engagements in Österreich und setzen dies nun mit der Gründung unserer Tochtergesellschaft um", erklärte Neo-Geschäftsführer Berthold Heil zu diesem Anlass.
Er erwarte sich für 2008 eine DVB-H-Nutzerzahl "im guten fünfstelligen Bereich", erklärte Heil im Gespräch mit ORF.at. Konkret seien das 20.000 bis 30.000 Nutzer.
Rundfunkgebühren werden für Handy-TV übrigens nicht fällig, wenn die Nutzung nachweislich "vorwiegend outdoor" erfolgt.
Ende Februar 2008 hatte die Regulierungsbehörde KommAustria dem Konsortium der Firmen Media Broadcast, One und "3" offiziell den Zuschlag für den Betrieb der österreichweiten Handy-TV-Plattform erteilt.
Betreiber geben sich zuversichtlich
http://futurezone.orf.at/it/stories/272734/Obwohl die österreichischen Nutzer Handy-TV laut einer Studie der Uni Wien noch skeptisch gegenüberstehen, zeigen sich die Betreiber optimistisch. Mehr als zwei Drittel der 723 befragten Österreicher gaben an, sich wegen Handy-TV kein neues Mobiltelefon zulegen zu wollen. Rund 50 Prozent schlossen auch aus, aus diesem Grund den Betreiber zu wechseln. Der Großteil wäre höchstens bereit, zwischen zwei und fünf Euro im Monat für Handy-TV zu bezahlen, während ein Drittel ein Modell über Werbefinanzierung bevorzugen würde.
Beginn eines "neuen Zeitalters"
Hutchison-Österreich-Chef Berthold Thoma zeigte sich dennoch überzeugt vom Erfolg des Projekts: "Anders als in manch anderem Land ist es uns in Österreich gelungen, ein ausgewogenes Geschäftsmodell zu entwickeln, welches allen für den Erfolg von DVB-H relevanten Parteien große Chancen bietet, aber auch die Risiken fair verteilt."
One-Chef Michael Krammer sprach vom Beginn eines "neuen Zeitalters": "Die zwei bedeutendsten Medienwelten TV und Mobilkommunikation wachsen endgültig zusammen."
Mobilkom drückte den Preis
Nach den DVB-H-Fixstartern One und "3", die bereits in der vergangenen Woche ihre Handy-TV-Pakete geschnürt haben, wird auch die mobilkom austria in den nächsten Tagen das Nokia N77 für 49 Euro anbieten, die entsprechenden Tarife sollen Anfang nächster Woche vorgestellt werden.
Der Marktführer hatte erst am Donnerstag einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. Marketingvorstand Hannes Ametsreiter, der im Vorfeld stets den zu hohen Preis kritisiert hatte, den die Betreiber pro Kunden an die Media Broadcast bezahlen müssen, zu ORF.at: "Wir haben uns kaufmännisch geeinigt. Der Preis liegt nun signifikant unter den ursprünglich veranschlagten 4,30 Euro." Davon profitieren nun auch die anderen Betreiber.
Zukunft mit T-Mobile?
Auf die Frage, ob der einzige nicht teilnehmende Mobilfunker T-Mobile doch noch Teil der immer propagierten "österreichischen Lösung" werden könnte, gab sich Media Broadcast zuversichtlich: "Wir wollen das nicht ausschließen und haben noch gute Hoffnungen", so Heil.
Sechs bis neun Euro monatlich
Während "3" für die DVB-H-Nutzung monatlich sechs Euro verlangt, sind es bei One neun Euro. Bis Jahresende wird die Gebühr allerdings als "Startzuckerl" erlassen.
T-Mobile als Einziger nicht dabei
Beim zweitgrößten österreichischen Mobilfunkanbieter T-Mobile Austria setzt man zum EM-Start auschließlich auf den Standard DVB-T für terrestrisches digitales Fernsehen.
(futurezone | Nayla Haddad)