Supercomputer bricht Rekorde
Der US-Supercomputer Roadrunner hat die Grenze von 1,026 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde [1,026 Peta-FLOPS] geknackt. Der 133 Millionen Dollar teure Rechner ist damit doppelt so schnell wie der IBM Blue Gene/L, der bisher den Rekord hielt.
Etwa alle elf Jahre nimmt die Computertechnik die jeweils nächste große Hürde. Dann stößt der schnellste Rechner der Welt in eine neue Größenordnung vor. Dies ist in den vergangenen Wochen im IBM-Center in Poughkeepsie [US-Bundesstaat New York] geschehen.
Ein Supercomputer namens Roadrunner erledigt mit seinen fast 20.000 Mehrkern-Prozessoren 1,026 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde [1,026 Peta-FLOPS]. Das berichten das US-Energieministerium [DOE] und der Hersteller IBM am Montag. Die bisherigen Supercomputer rangieren eine Klasse darunter, also im Bereich von Billionen Flops.
Erkenntnisse für Atomwaffen
Hergestellt wurde die neue Maschine vom US-Computerkonzern IBM, Abnehmer ist einmal mehr die US-Regierung. Sie will damit unter anderem neue Erkenntnisse für Atomwaffen gewinnen. Der Supercomputer soll dazu im Los Alamos National Laboratory in New Mexico installiert werden.
Wenn die aktuellen Messdaten noch rechtzeitig eingetroffen sind, könnte der Roadrunner schon Mitte Juni in Dresden auch offiziell zum neuen Spitzenreiter der Top500-Liste werden. Diese Rangfolge wird heuer im 15. Jahr vom Informatiker Hans-Werner Meuer von der Universität Mannheim herausgegeben.
Die erste Aufstellung erschien am 24. Juni 1993. Mittlerweile ist sie der viel beachtete Gradmesser der Branche.
Die bisherige Nummer eins ist halb so schnell wie der Roadrunner und stammt gleichfalls von IBM. Das Unternehmen lieferte 232 der derzeit 500 schnellsten Computer. Die USA entwickeln und bauen die Boliden, die Europäer kaufen sie zumeist nur.
13.000 Cell-Prozessoren
Der Roadrunner ist aus mehr als 6.000 Dual-Core-Prozessoren des Herstellers AMD zusammengefügt. Diese sind mit fast 13.000 Cell-Prozessoren von IBM verknüpft - diese Kombination ist neu und macht den Boliden zum ersten großen Hybridrechner. Der Cell-Prozessor ist der Öffentlichkeit vor allem aus der Spielekonsole PlayStation 3 bekannt. Inzwischen gibt es aber auch zahlreiche Forscher, die sich die enorme Rechenkraft der Chips zunutze machen.
Die Rechenwerke werden auf große Platinen gesetzt, die nach und nach in Regalen und Schränken zu einem großen Verbund zusammenwachsen. Der Stromverbrauch liegt bei etwa 3,9 Megawatt genug für 39.000 Glühbirnen a 100 Watt. Die Einheiten sind über extrem schnelle, sogenannte Infiniband-Datenleitungen miteinander verknüpft. Es ist die hohe Kunst der Programmierer, das für den jeweiligen Zweck das Optimum aus diesem Verband herauszuholen.
IBM hat einen Vergleich parat: Wenn jeder der rund sechs Milliarden Menschen auf der Welt ein Jahr lang mit einem Taschenrechner in jeder Sekunde eine Rechnung absolvierte, müsste die Menschheit 46 Jahre arbeiten um das zu erledigen, was der Roadrunner an einem Tag wegschafft.
Rennkuckuck
Der Name stammt vom Rennkuckuck [englisch: Roadrunner], der im trockenen Südwesten Nordamerikas lebt. Bekannt ist das Tier aus alten Comics, in denen der violett gezeichnete Vogel in karger Wüstenlandschaft vor dem ewig hungrigen Willi Kojote flieht. Statt des Vogels sprengt sich Willi aber meist selbst in die Luft, tappt in die eigenen Fallen oder stürzt bei der Jagd in tiefe Schluchten der Comicvogel rast unversehrt davon.
Vielleicht ist dies als Wink der IBM-Konstrukteure an ihre Konkurrenten gemeint, IBM-Sprecher Rehm in Stuttgart widerspricht jedenfalls nicht. Der echte Rennkuckuck ist ebenfalls schnell unterwegs und kommt bei der Jagd nach Schlangen und Eidechsen auf eine Geschwindigkeit von rund 25 Kilometern in der Stunde.
Nächste Barriere in Sicht
Mit Blick in seine Statistik erklärt Meuer, dass sich die Leistung der jeweils 500 besten Rechner etwa alle 14 Monate verdoppelt. Bei Platz eins sind es nur 13 Monate. Es scheine, so ergänzt der Informatiker, eine Regel zu geben, nach der sich die Rechenkraft auf Platz eins der Liste alle elf Jahre vertausendfache. Daher ist nach dem Meilenstein immer vor dem Meilenstein.
Auch die nächste große Barriere ist schon in Sicht: eine Trillion Operationen in der Sekunde, ein Exaflop. "Gemäß unserer Projektion wird diese Grenze im Jahr 2019 erreicht", berichtet Meuer.
(dpa)