EU: Richtlinie zum Schutz von Software
Das EU-Parlament stimmt am Dienstag über eine konsolidierte EG-Richtlinie zum Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen ab. Insider vermuten, dass der nächste Vorstoß in Richtung Software-Patente über das verdeckt ausgehandelte internationale ACTA-Abkommen laufen wird.
Das EU-Parlament wird am Dienstag über die kodifizierte Fassung einer EG-Richtlinie zum Rechtsschutz von Computerprogrammen in erster Lesung abstimmen.
Neue Bestimmungen bringt die Richtlinie nicht mit sich. "Der Vorschlag behält den materiellen Inhalt der kodifizierten Rechtsakte vollständig bei und beschränkt sich darauf, sie in einem Rechtsakt zu vereinen", heißt es in der Begründung der Kommission.
Die Empfehlungen des parlamentarischen Rechtsausschusses sind bereits eingearbeitet. Es ist damit zu rechnen, dass die Richtlinie mit einer klaren Mehrheit der Abgeordneten verabschiedet wird. Sie muss dann noch im Ministerrat behandelt werden.
Literatur und Cracker-Tools
Einige Punkte aus der Richtlinie: Die EU gewährt Computerprogrammen Schutz als Werke der Literatur im Sinne der Berner Übereinkunft. Sie erlaubt es, urheberrechtlich geschützte Software zu dekompilieren, zu kopieren und zu verändern, wenn es darum geht, Interoperabilität herzustellen. Dazu ist auch die Zustimmung des Rechteinhabers nicht notwendig. In Österreich ist das bereits in Paragraf 40e des Urheberrechtsgesetzes umgesetzt.
Artikel 7 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten darauf, Personen zu bestrafen, die wissentlich illegitim kopierte Software in Verkehr bringen und solche Kopien für Erwerbszwecke verwenden.
Das "Inverkehrbringen"
Auch "das Inverkehrbringen oder der Erwerbszwecken dienende Besitz von Mitteln, die allein dazu bestimmt sind, die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmaßnahmen zu erleichtern", soll unter Strafe stehen.
Damit sind allerdings nur Tools gemeint, die ausschließlich dem Aushebeln von Kopierschutzmaßnahmen dienen. Der Einsatz entsprechender Programme, nicht aber deren Besitz ist in Österreich bereits seit der Novelle des Urheberrechtsgesetzes von 2003 verboten.
Unerlaubte Kopien von Computerprogrammen sollen demnach auch "gemäß den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaats" von den Behörden beschlagnahmt werden können.
Materialien zum Thema:
Umweg über ACTA befürchtet
Eva Lichtenberger, grüne Abgeordnete im Europaparlament, sieht mit der neuen Richtlinie vorläufig keine Probleme auf die österreichische IT-Szene zukommen. Die Forderungen der Richtlinie seien bereits in nationales Recht umgesetzt.
"Ich glaube auch nicht, dass die derzeitige Kommission das Thema Software-Patente nochmals in Angriff nehmen wird", sagte Lichtenberger auf Anfrage von ORF.at, "Man sollte aber wachsam bleiben. Die Kommission könnte sich sagen: 'Nach mir die Sintflut' und es in den bisher geheimen Verhandlungen über das ACTA-Abkommen versuchen. Das zieht in Brüssel derzeit immer weitere Kreise."
Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement [ACTA] ist ein Abkommen über den internationalen Schutz des "geistigen Eigentums" zwischen den wichtigsten Industrienationen, das derzeit hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird. Treibende Kräfte dabei sind die US-Regierung und die EU-Kommission.
Bisher ist von dem Abkommen nur ein vage gehaltenes Positionspapier an die Öffentlichkeit gedrungen.
(futurezone | Günter Hack)