US-Blogger streiten mit Associated Press

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17.06.2008

12,50 USD für fünf Wörter?

Die US-Nachrichtenagentur Associated Press [AP], eine Kooperative, die von 1.500 US-Tageszeitungen finanziert und betrieben wird, ist derzeit in einen heftigen Streit mit der US-Blogosphäre verstrickt.

Angefangen hatte der Konflikt damit, dass AP am 3. Juni dem Blogger Rogers Cadenhead, der das satirische Politikportal Drudge Retort betreibt, eine Abmahnung [Takedown Note] gemäß dem äußerst restriktiven US-Urheberrechtsschutzgesetz Digital Millennium Copyright Act [DMCA] schickte. Drudge Retort soll als satirische linksliberale Antwort auf das rechtskonservative Nachrichtenportal Drudge Report funktionieren. Cadenhead sah sich gezwungen, die sechs inkriminierten Beiträge, die kurze Abschnitte aus AP-Storys in einer Länge von 39 bis 79 Wörtern enthielten, sofort zu entfernen.

Ähnlich wie auf den Tech-Link-Webgemeinschaften Slashdot, Digg und Reddit können die Nutzer auf Drudge Retort Links und kurze Textbeiträge posten und zur Diskussion stellen. Weblogs spielen in der politischen Willensbildung in den USA eine wichtige Rolle. In diesem Kontext müsse es auch möglich sein, aus Agenturmeldungen zu zitieren, meinen Cadenhead und zahlreiche andere Blogger. "Die Kultur des Link-Setzens und des Zitierens, die von den Bloggern etabliert wurde, ist heute eine Methode, die Millionen von Menschen dabei hilft, Nachrichten zu finden und zu verstehen", schreibt Cadenhead.

Gemeinsame Richtlinien

Am Montag kündigte AP-Strategiechef Jim Kennedy an, sich am Donnerstag mit Vertretern der Bürgerrechtsorganisation Media Bloggers Association [MBA] treffen zu wollen, um gemeinsame Richtlinien für die Verwendung von Zitaten zu erarbeiten. Kennedy sagte der "New York Times", dass es der Agentur nicht darum gehe, die Blogger zu klagen. Man wolle es nicht machen wie die Musikindustrie und alte Leute und Kinder vor Gericht zerren, so Kennedy. Es gehe ihm aber darum, dass die Agentur nicht außerhalb des Kontexts zitiert werde und die Nachrichten nicht von unlizenzierten Portalen verbeitet würden.

In der Tat würde es AP auch unter restriktiven Gesetzen wie dem von der Regierung Clinton verabschiedeten DMCA schwer haben, das Verwenden von Passagen aus seinen Artikeln zu verbieten. Immerhin gilt in den USA das Prinzip des "Fair Use", das es erlaubt, Abschnitte aus urheberrechtlich geschützten Werken zu zitieren.

Präzedenzfall setzen

Cadenheads jüngstem Posting in seinem eigenen Weblog zufolge hat AP allerdings die DMCA-Abmahnungen bis Montag noch nicht zurückgezogen. Er hoffe darauf, dass die Agentur sich auf eine Zusammenarbeit mit den Bloggern einlasse und einen Präzedenzfall setze.

Findige Blogger haben in der Zwischenzeit ein Lizenzierungs-Interface von AP entdeckt, in dem die Agentur für Zitate von fünf bis 25 Wörtern Länge 12,50 US-Dollar verlangt. BoingBoing-Blogger Cory Doctorow weist auch darauf hin, dass AP unter "Fair Use" auch verstehe, dass man die Agentur vor Verwendung eines Zitats kontaktieren müsse. Ob AP diese Regeln auch auf die Blogosphäre angewendet wissen will, wird sich wohl am Donnerstag herausstellen.