E-Card als Waffe im Ärztestreit
Nachdem der Hauptverband der Sozialversichungsträger Zahlen darüber veröffentlicht hatte, wie viele Ärzte am Montag trotz Streiks über das E-Card-System online waren, wirft die Ärztekammer den Verantwortlichen "Überwachungsmethoden wie beim großen Bruder" vor.
Scharf zurückgewiesen wurden vom Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte, Günther Wawrowsky, auch die Interpretation des Hauptverbandes, es habe 1.000 Streikbrecher gegeben, was man an der Anzahl der gesteckten E-Cards in den Ordinationen habe ablesen können.
Mit der Veröffentlichung der angeblichen Zahl mutmaßlicher "Streikbrecher" am Ordinationsschließtag habe der Hauptverband ein "alarmierendes Geständnis abgelegt, dass die Behörde das E-Card-System massiv zur Überwachung und Kontrolle, wenn nicht gar der Bespitzelung der Ärzteschaft nutzt", warnte Wawrowsky in einer Aussendung am Mittwoch.
Bisher war vom Hauptverband stets versichert worden, die E-Card lediglich als Instrument zur Kontrolle von Versichertenstatus und Honorarabrechnung zu nutzen, heißt es darin.
Hauptverband verteidigt sich
Beim Hauptverband werden die Vorwürfe abgestritten und als "völliger Blödsinn der Ärztekammer" tituliert. "Wir haben das System lediglich betriebsbereit gehalten und wissen nicht, wie oft, wo und von wem die E-Card dabei gesteckt wurde", sagte Pressesprecher Dieter Holzweber auf Anfrage von ORF.at.
Der Hautverband wisse nur, wie viele Ärzte sich "im Lauf des Tages" beim System angemeldet hätten. Diese Zahl sei für die laufende Betriebsbereitschaft des Systems notwendig. "Das hat mit Datenschutz nichts zu tun", so Holzweber. Problematisch würde es nach Ansicht des Hauptverbands dann, wenn genauere Daten über das Wer, Wann und Wo kommuniziert würden.
In den geltenden Verträgen zum E-Card-Betrieb ist aus Datenschutzgründen ausdrücklich ausgeschlossen worden, dass der Hauptverband die exakten Zeiten, zu denen die Computer in den Arztpraxen aktiv sind, vom zentralen Dienstleister übermittelt bekommt.
Datenschutz im E-Card-Vertrag
Paragraf 1/6 des E-Card-Vertrags zwischen Ärzten und Hauptverband sieht vor, dass die Uhrzeit der Datenübermittlung vom Arzt an den E-Card-Server [Timestamp] nicht an die Sozialversicherungsträger weitergegeben werden darf, sagte Hans-Peter Petutschnig, Sprecher der Ärztekammer für Wien, vor kurzem.
Ärzte warnen vor ELGA
Ärztekammer-Vizepräsident Wawrowsky fordert vor diesem Hintergrund, sich "intensiv Gedanken" über die geplante lebensbegleitende Gesundheitsakte ELGA zu machen und deren potenziellen Gefahren mit "kritischem Argwohn" zu begegnen.
"Auch bei ELGA wird der große Bruder am anderen Ende sitzen und seine Schlüsse ziehen. Auch Patienten könnten durch dieses Instrument überwacht werden. Es ließen sich auch hier Datenspuren und Bewegungsprofile zusammentragen und bei Bedarf veröffentlichen."
Die Ärztekammer hatte kürzlich Zweifel daran angemeldet, ob ein Elektronischer Gesundheitsakt sinnvoll sei, in dem Patienten allein darüber entscheiden könnten, welche Aspekte ihrer Krankheitsgeschichte ein Arzt sehen dürfe. Die Apotheker wollen ihren "Arzneimittel-Sicherheitsgurt" bis Ende 2009 ELGA-kompatibel implementiert haben.