Facebook rast an MySpace vorbei

21.06.2008

Bei der Nutzung von Sozialen Netzwerken hat Facebook im Mai seinen Konkurrenten MySpace überholt. Im Wettbewerb der Networking-Portale geht es aber längst nicht mehr darum, wer die meisten Freunde hat, sondern um Werbedollars.

In den vergangenen Jahren entwickelten sich Social-Networking-Portale zu dem Trend im Netz. Das von Rupert Murdochs News Corp. übernommene MySpace hatte dabei stets die Nase vorn und erreichte trotz wenig ansprechenden Designs die meisten Nutzer.

Nun hat im Mai aber erstmals der Rivale Facebook MySpace überholen können - und zwar mit 123 Millionen zu 114 Millionen Unique Visitors weltweit, wie das Marktforschungsunternehmen ComScore in einer aktuellen Erhebung zeigt. Das bedeutet ein Wachstum von 162 Prozent.

Facebook auf der Überholspur

Vor einem Jahr sah die Situation noch deutlich anders aus: Da war MySpace mit 109 Millionen Unique Visitors [Facebook: 43 Millionen] noch haushoch überlegen. Mit seiner Fokussierung auf Studenten, der Öffnung für externe Entwickler und einem motivierten Expansionskurs wird Facebook dem Vorreiter rund um den Globus immer gefährlicher. Einzig auf dem Heimatmarkt, den USA, hält sich MySpace weiter auf deutlich höherem Niveau.

Weil es immer schwieriger wird, die Flut an Freundschaftsdaten aus verschiedenen Portalen zu überblicken, gibt es derzeit einen Boom von Websites, die diese vereinen und so für Übersichtlichkeit im sozialen Netzwirrwarr sorgen.

Redesign für neue Nutzer

Wohl auch aus diesem Grund unterzog sich MySpace vergangene Woche einem Relaunch und kommt nun mit einem deutlich cleaneren Design daher. Der Facelift soll dem Portal ohne Zweifel dabei helfen, neue Märkte zu erobern und ein "erwachseneres" Image zu bekommen.

In der öffentlichen Wahrnehmung richtet sich MySpace vor allem an Teenager, während Facebook eine ältere und gebildetere Zielgruppe anspricht. Von MySpace selber heißt es, "man wolle die Art und Weise verändern, wie die Leute mit der Website interagieren". Auf immerhin über 235 Millionen registrierte Nutzer hat es das Portal mittlerweile gebracht, nun heißt es, diese auch zur Interaktion mit der Website zu motivieren. Bis zum Herbst sollen noch weitere Veränderungen an Navigation, Suche, TV-Player und Editierfunktion der Profile vorgenommen werden.

Werbung verärgert Nutzer

Auch Facebook hat bereits angekündigt, über die Sommermonate etwas an seinem Aussehen und den Features zu schrauben. Doch wichtiger als die Frage nach der Zahl der registrierten Nutzer ist die nach der Attraktivität der Angebote für die Werbebranche - und die ist natürlich umso glücklicher, je zielgerichteter sie Produkte an den Nutzer bringen kann.

Eine Gratwanderung für die Betreiber stellt dabei aber der Umgang mit der Fülle an Nutzerdaten dar, die für zugeschnittene Werbung benötigt werden. Schließlich wollen die Werber befriedigt werden, ohne die Nutzer zu verärgern. Wie es nicht funktioniert, zeigte Facebook im vergangenen Jahr mit seinem Werbesystem Beacon, das aufgrund von massiven Protesten der Nutzerschaft wieder zurückgezogen wurde.

Mit dem Marketingprogramm "Facebook Beacon" wurden etwa Freunde über den Kauf von Kinokarten, Büchern und Geschenken informiert, was zu zahlreichen Beschwerden führte. In Reaktion darauf änderte Facebook das System erst auf "Opt-in" statt "Opt-out" und ermöglichte Nutzern später auch den kompletten Ausstieg.

Umsatzziele schwer zu erreichen

Immer wieder wird in der Branche darüber diskutiert, ob sich mit Sozialen Netzen langfristig gutes Geld verdienen lässt. Die Prognosen sind schon längst nicht mehr so rosig wie vor ein, zwei Jahren.

MySpace werde seine Ziele im bis Ende Juni laufenden Geschäftsjahr nicht erreichen, gab News Corp. bereits im vergangenen Quartal zu. Die Analysten von eMarketer rechnen mit einem Umsatz von 755 Mio. Dollar für das Gesamtjahr - rund ein Drittel davon soll aus einem Werbedeal mit Google kommen.

Bei Facebook schätzt man die Werbeeinahmen im laufenden Jahr auf rund 265 Millionen Dollar, wie die "New York Times" kürzlich berichtete.

Werbung wird "sozial"

Trotz der zielgerichteten Werbemöglichkeiten bleiben in der Branche aber Bedenken darüber, dass die Portalnutzer die Werbung einfach ignorieren. Schließlich ist die Menge an neuen Werbeformen weitaus schwieriger zu planen, zu messen und in Zahlen auszudrücken.

Die Antwort darauf: noch sozialer werden. So sollen Nutzer etwa mit Werbesprüchen angelockt werden, die sich direkt auf ihre "Freunde" beziehen. "Dein Freund ist ein Fan der Marke XY", könnte es demnächst schon heißen. Wie das von den Nutzern angenommen wird, wird sich weisen.

Medienmogul Rupert Murdoch baute die Internet-Sparte seines Konzerns News Corp. umgehend um, nachdem der Bereich bereits im Frühjahr seine Umsatzziele verfehlt hatte.

Die Konkurrenz schläft nicht

Neben MySpace und Facebook rittern weltweit zahlreiche regionale und internationale Netzwerke um die Gunst der Nutzer. Business-User vernetzen sich etwa über Plattformen wie Xing und LinkedIn. Zudem gibt es immer mehr Special-Interest-Plattformen - etwa für Senioren und Tierliebhaber.