Patientendaten für Google, Microsoft & Co.

26.06.2008

In den USA hat sich eine Reihe von Dienstleistern und Konsumentenschützern im Gesundheitsbereich auf gemeinsame ethische Standards für Patientendatenanwendungen geeinigt. Auch Google und Microsoft engagieren sich auf diesem Markt. Das Wachstumspotenzial gilt als enorm.

Das Abkommen wurde von der Initiative Connecting for Health vermittelt, in der mehr als hundert Interessengruppen aus dem US-Gesundheitssystem zusammengeschlossen sind. Die Initiative will "alle Vorteile der Gesundheits-Informationstechnologie" wirksam machen und dabei auch für Datenschutz und Datensicherheit sorgen.

Zu den IT-Unternehmen, die sich an dem Abkommen beteiligen, gehören auch Google, Microsoft, Cisco, Intuit, WebMD und Dossia, das System für die elektronische Gesundheitsakte von Intel und Wal-Mart.

Die Markle Foundation ist ein Thinktank, der sich auf den Gebieten der nationalen Sicherheit und des Gesundheitswesens engagiert. Leiterin ist Zoe Baird, eine ehemalige Sicherheitsberaterin von Ex-Präsident Bill Clinton und Rechtsberaterin von Ex-Präsident Jimmy Carter.

Baird ist auch in der Initiative Connecting for Health tätig - neben zahlreichen Vertretern der Ärzteschaft, staatlicher und privater Gesundheitsorganisationen und der Pharmaindustrie.

An Connecting for Health ist auch das liberale Center for Democracy and Technology beteiligt. Die Initiative ist generell dem Machtblock der US-Demokraten zuzurechnen.

Effizienz und Datenschutzbedenken

"Uns ist es gelungen, den ersten detaillierten und auf gemeinsamer Zustimmung basierenden Plan für den Datenschutz beim Zugriff auf Patientendaten via Internet zu schaffen", lässt sich Carol Diamond zitieren, die Leiterin der Initiative.

Das Abkommen sei nötig geworden, da zahlreiche Möglichkeiten der Online-Gesundheitssysteme noch nicht vom US-Recht abgedeckt seien. Der Konsumentenschützer Steve Findlay von der Organisation Consumers Union, die sich auch an dem Abkommen beteiligt hat, freut sich darüber, dass es nun gemeinsame Standards gebe, die das Vertrauen in Online-Gesundheitsdienste erhöhe.

Die gemeinsamen Standards umfassen eine unabhängige Prüfung der Zugriffe auf die Online-Krankenakten und ein Verbot, die Daten gegen Angestellte zu verwenden. Auch ein Mediationsprozess soll etabliert werden, um Konflikte zwischen den beteiligten Gruppen lösen zu können.

Am Mittwoch wurde auch im US-Repräsentantenhaus über die Einsetzung eines nationalen Koordinators für Gesundheitsinformationssysteme und Patientendaten debattiert.

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Microsoft und Google dringen derzeit massiv auf den US-Markt für Patientendatenspeicherung vor. Microsoft bietet ein System namens HealthVault an, Google hat seine Data Center für Gesundheitsdaten geöffnet.

Wal-Mart, Intel, BP America, Applied Materials und Pitney Bowles haben Ende 2006 ein eigenes System für "Personal Health Records" namens Dossia gegründet, in dem ihre Angestellten ihre Gesundheitsdaten ablegen sollen.

Der Wachstumsmarkt

Wie die von der Markle Foundation anlässlich der Präsentation des Abkommens publizierte repräsentative Umfrage unter US-Bürgern zeigt, bietet der Markt für elektronische Gesundheitsdaten enormes Wachstumspotenzial für IT-Dienstleister.

Demnach nutzen bisher nur 2,7 Prozent der US-Bürger Online-Patientenakten [Personal Health Records; PHR]. Google und Microsoft arbeiten hart daran, ihre Systeme Google Health und HealthVault an den Mann zu bringen. Microsoft hat erst Anfang Juni die große US-Krankenkasse Kaiser Permanente für sein System HealthVault gewinnen können.

Laut der Markle-Umfrage, an der 1.580 US-Bürger teilgenommen haben, haben 24 Prozent der Befragten "sehr hohe" und 56 Prozent "mäßig hohe" Bedenken, was den Datenschutz bei Online-Patientenakten angeht. Die Markle Foundation schließt daraus, dass für den Erfolg der PHRs ein "zuverlässiger Datenschutz" eine wichtige Rolle spielt.

Laut der Umfrage sehen es nur 49 Prozent der Befragten als "kritischen Faktor" in ihrer Entscheidung für oder gegen den Gebrauch eines elektronischen Gesundheitsakts an, dass sie nicht finanziell bestraft oder von der Pflege ausgeschlossen werden, wenn sie sich weigerten, diese Online-Aktensysteme zu verwenden. Wichtiger war den Befragten, dass ihnen mitgeteilt wird, falls ihre Daten "in die falschen Hände gelangen" sollten.

Vertrauen: gut, Kontrolle: besser

Wichtigster Eckpfeiler für den Datenschutz, so die Ergebnisse der Umfrage, sei die Etablierung einer unabhängigen Organisation zur laufenden Prüfung der angebotenen Systeme. Weiters sollten sich die dem Wirtschaftsministerium unterstehende Federal Trade Commission [FTC] und die Staatsanwaltschaft darum kümmern, dass bereits existierende Datenschutzgesetze von den Unternehmen auch eingehalten werden.

Laut der Umfrage glauben 76 Prozent der Befragten an die Kräfte des Marktes. Wenn die Kunden selbst die Anbieter auswählen könnten, denen sie vertrauen, würde der Markt unzuverlässige Anbieter von selbst aussortieren. Den Gesetzgeber forderten die Befragten dazu auf, Richtlinien für Online-Gesundheitsakten zu erlassen.

James X. Dempsey, Vizechef des liberalen Center for Democracy and Technology, sieht es als entscheidend an, dass die beschlossenen Richtlinien dann auch von einem Netzwerk aus starken, unabhängigen Stellen durchgesetzt werden, die einander auch kontrollieren.

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(futurezone | Reuters)