Outsourcing eines Höllenritts
Das Spielestudio Deep Silver Vienna, hervorgegangen aus Rockstar Vienna, legt auf der Games-Messe E3 mit "Ride to Hell" sein erstes Spiel für Xbox 360 und PS3 vor. Der GTA-Klon wurde von zwölf Mitarbeitern von Wien aus produziert - die jedoch selbst keine einzige Zeile Code schrieben.
Deep Silver Vienna, vormals Games that Matter, das wiederum aus Rockstar Vienna hervorgegangen war, zeigt zur US-Spielemesse E3, die vom 15. bis zum 17. Juli in Los Angeles stattfindet, seinen ersten Triple-A-Titel, der auf einem für die Spielebranche bisher ungewohnten Weg entstand.
"Triple-A-Titel" ist die Branchenbezeichnung für ein besonders aufwendig produziertes Spiel mit Kassenschlager-Potenzial. Laut Deep-Silver-Chef Niki Laber kostet die Produktion eines solchen Spiels 15 bis 20 Millionen Euro.
Die Idee und das Konzept für das neue Spiel kommen aus Wien, die Programmierung, die Grafiken und der Sound werden von internationalen Partnern zugeliefert: Firmen in Schanghai, Indien, Großbritannien und den USA programmieren und gestalten die entsprechenden Elemente und fügen sie dann zum fertigen Game zusammen.
Programmiert wurde anderswo
Auch wenn Outsourcing in der Gaming-Industrie kein gänzlich neues Konzept ist, in dieser radikalen Form ist es ungewöhnlich: In Wien selbst wird keine einzige Zeile programmiert, sondern nur der Produktionsvorgang koordiniert und überwacht.
"Wir haben unser neues Konzept erfolgreich umsetzen können", so Niki Laber, gemeinsam mit Hannes Seifert Geschäftsführer von Deep Silver Vienna, gegenüber ORF.at.
Zwei Jahre - das Spiel soll im zweiten Quartal 2009 auf den Markt kommen - werde es von der Idee bis zur fertigen Umsetzung dauern. Deutlich weniger, als große Studios dafür gebraucht hätten, ist sich Laber sicher. "Wir konnten die Entwicklungszeit halbieren."
Das Konzept, Spiele mittels einer Art "Lean Production" zu entwicklen, stellten Laber und Seifert bei der Gründung von Games That Matter Anfang 2007 vor. Im August dann wurde die Übernahme durch Koch Media und damit die Überführung in Deep Silver Vienna bekanntgegeben.
Entwicklungskosten halbiert
Auch die Entwicklungskosten sollen durch das Prinzip Outsourcing gesenkt worden sein: "Die Produktion ist deutlich billiger als die in einem großen Spielestudio. Eine rein interne Entwicklung hätte in Summe wahrscheinlich das Doppelte gekostet als die Umsetzung in ihrer jetzigen Form."
Stehzeiten vermeiden
Zwar sei das Outsourcen selbst teurer, als wenn man alles im Haus produzieren würde, dafür würden aber Stehzeiten von Mitarbeitern und damit Folgekosten entfallen, erklärt Laber. "Wenn die Animationsabteilung mit ihrer Arbeit fertig ist, hat sie - theoretisch - bis zum Produktionsende des Spiels nichts mehr zu tun. Die Kosten für die Mitarbeiter laufen aber weiter."
Beim Outsourcing seien die Kosten hingegen begrenzt, und man könne auch zusätzliches Know-how vieler Mitarbeiter nutzen, die sonst so nicht finanzierbar wären: Insgesamt sollen um die 200 Leute an dem Spiel arbeiten, Rockstar Vienna hatte zuletzt 110 Mitarbeiter.
GTA-Klon mit Motorrädern
Das Spiel selbst soll vor allem ältere US-Gamer ansprechen, wie auch das Setting und der Inhalt unterstreichen: In "Ride to Hell" ist der Spieler Teil einer Gang von Motorradfahrern im Stil der Hells Angels, und muss sich im Kalifornien der 60er Jahre behaupten.
Dabei gilt es - wie bei "GTA" -, verschiedene Missionen zu bewältigen, wobei auch die Maxime der 60er [Sex, Drugs, Rock 'n' Roll] eine wichtige Rolle spielen sollen. Das Hauptaugenmerk in Sachen Gestaltung und Gameplay soll dabei auf den Motorrädern liegen. Auch andere Fahrzeuge können vom Spieler genutzt werden.
(futurezone | Nadja Igler)