Prozess gegen Data-Retention gestartet

01.07.2008

Knapp zwei Jahre nachdem Irland beim EU-Gerichtshof Klage gegen die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eingereicht hat, hat die mündliche Verhandlung vor der Großen Kammer des Gerichts begonnen. Eine Aussage des Generalanwalts wird für Herbst erwartet, das Urteil soll Anfang 2009 kommen.

Die Klage Irlands hat sich allerdings nicht gegen den Inhalt der Data-Retention-Richtlinie gerichtet. Die Iren warfen vielmehr dem EU-Ministerrat und dem Parlament vor, die Richtlinie nicht auf der korrekten Rechtsgrundlage erlassen zu haben.

Die Richtlinie wurde auf Grundlage eines Verfahrens verabschiedet, das eigentlich das Funktionieren des EU-Binnenmarkts sichern soll [Artikel 95 EG]. Die Iren hätten den Mechanismus des Rahmenbeschlusses vorgezogen. Dieser hätte allerdings Einstimmigkeit bei allen Mitgliedsstaaten vorausgesetzt.

Die Data-Retention sei zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen verordnet worden - das sei, so die Klageschrift Irlands, "das einzige Ziel" der Richtlinie.

Österreich wartet ab

Im Gegensatz zu Deutschland hat Österreich die Data-Retention-Richtlinie noch nicht umgesetzt. Aus dem Haus des zuständigen Verkehrsministers Werner Faymann [SPÖ] hieß es zuletzt, man wolle die Entscheidung des EU-Gerichtshofs abwarten. Das Innenministerium plädierte für eine Speicherfrist von einem Jahr.

"Kippt das Gericht die Data-Retention-Richtlinie, so wird Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren erspart bleiben", sagte der Salzburger Richter und Internet-Rechtsexperte Franz Schmidbauer Anfang Juni auf Anfrage von ORF.at. Die Kommission müsse dann einen neuen Vorschlag erstellen.

In Österreich hätte die Vorratsdatenspeicherung noch einen zusätzlichen Effekt. Sie würde Positions- und Verbindungsdaten aller in Österreich telefonierenden Personen bereitstellen, auf welche die Polizei mittlerweile ohne richterliche Kontrolle über das im Dezember novellierte Sicherheitspolizeigesetz zugreifen kann.

Restriktive Maßnahmen in Irland

Die irische Regierung ist keineswegs gegen die Vorratsdatenspeicherung an sich eingestellt. Bereits seit 2002 gibt es dort eine Verfügung, die Telefonie-Provider dazu zwingt, die Verbindungsdaten ihrer Kunden für drei Jahre zu speichern. Die EG-Richtlinie sieht eine Speicherdauer von mindestens sechs Monaten vor.

Laut einem Bericht der "Irish Times" vom 4. Juni 2008 will die dortige Regierung auch eine zwölfmonatige Speicherfrist für Internet-Verbindungsdaten durchsetzen. Das Justizministerium beabsichtigt demnach, eine entsprechende Verordnung am Parlament vorbei durchzusetzen.

Verbindungs- und Standortdaten

Die am 15. März 2006 erlassene EG-Richtlinie zur Data-Retention verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Union dazu, Gesetze zu erlassen, welche die Telefon- und Internet-Provider dazu verpflichten, verdachtsunabhängig alle Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden mindestens sechs Monate lang zu speichern.

Damit wollen die EU-Innenminister Kommunikations- und Bewegungsprofile von Terroristen und Mitgliedern von kriminellen Organisationen erstellen.

Das EU-Parlament hatte am 14. Dezember 2005 im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens der Richtlinie mit den Stimmen der Europäischen Volkspartei und der Sozialdemokraten zugestimmt.

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(futurezone | APA)