Handystrahlung im Zwielicht
Wurm ist Liebling der Wissenschaft
"Caernohabditis elegans" ist ein mikroskopisch kleiner Fadenwurm, dessen Erbgut komplett analysiert ist.
Deshalb ist er der Wissenschaftler liebstes Versuchskaninchen, wenn es um die Auswirkungen von irgendetwas auf den Organismus geht. Zelle ist Zelle.
Um wieder einmal der Wirkung der Handystrahlung auf den Organismus auf die Spur zu kommen, wurde der Wurm nun 18 Stunden lang von Wissenschaftlern der Universität Nottingham einer Mikrowellenfrequenz ausgesetzt, ähnlich der, die von Handys während des Gebrauchs emittiert wird.
Universität NottinghamZellen erzeugen Hitzeschutz-Proteine
Als Reaktion produzierte der Wurm [seine Zellen] Hitzeschutz-Proteine [HSP], die normalerweise zum Schutz des Organismus vor Erwärmung dienen.
Und das, ohne dass der Wurm sich sonderlich aufheizte.
Resümee des Forschers und Experimentators David de Pommerai: "Die aktuellen Grenzwerte für Mikrowellensender müssen überdacht werden." Die Testauswertung soll jetzt im Wissenschaftsmagazin
"Nature" veröffentlicht werden.Auf Kinder aufpassen
Noch kann man keine Rückschlüsse aus den Ergebnissen der Tests mit "Caernohabditis elegans" auf die Wirkung auf Menschen ziehen, aber die Diskussion über mögliche Langzeitschäden durch mobiles Telefonieren ist wieder aufgeflammt.
Andererseits wagte es auch bisher kein einziger Forscher, zu behaupten, dass Handys wirklich harmlos sind.
Vor allem sollte man auf Kinder aufpassen, da sie doch immer früher zum Handy greifen und so auf eine wesentlich längere Nutzungszeit als die Elterngeneration kommen.
Für Kinder sei es nach Ansicht zahlreicher Fachleute sinnvoll, die Handyzeiten zu begrenzen, bis Gewissheit über die Langzeitwirkungen der Mikrowellenstrahlung besteht.
WHO und EU beauftragen internationale Studie
Auf Grund der Studie hat die Weltgesundheitsorganisation [WHO] ihr internationales Krebsforschungszentrum CIRC in Lyon beauftragt, 17.000 Menschen weltweit auf mögliche Mobilfunk-Schäden zu untersuchen.
Mehrere tausend Krebsfälle, vor allem im Hirnbereich, sollen noch einmal genauest untersucht werden.
Die Europäische Union [EU] finanziert mit knapp vier Millionen Euro die Hälfte der Kosten.
Gelder aus der Industrie werden nicht angenommen, um die Unabhängigkeit der Studie nicht in Zweifel zu ziehen. Auf Ergebnisse wird man allerdings bis Ende 2003 warten müssen.
Was man bis jetzt weiß
Handys arbeiten mit einer Frequenz zwischen 900 und 1.800 Megahertz. Diese sind vergleichbar mit den Strahlen eines Mikrowellenherdes, allerdings rund 500 Mal schwächer. Direkte Krebsgefahren schließen Forscher aus, dazu sind die Wellen zu schwach. Beim Telefonieren wird aber ein Teil der Strahlen vom Kopf absorbiert. Das benachbarte Gewebe heizt sich etwas auf, um weniger als ein Grad, aber messbar.
Die Folgen dieser Erwärmung sind jedoch gänzlich unbekannt.
Nicht auszuschließen ist, dass das Gedächtnis und das Hör- und Sehvermögen leiden. Der konkrete Beweis dafür fehlt jedoch noch. Auch US-Studien mit Ratten, die nach der Bestrahlung einen Mangel am Schlafhormon Melatonin aufwiesen, können nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen werden.