EU-Parlament schützt nationale Regulierer
BERT statt Kommission
Das Europäische Parlament hat den Vorschlag der EU-Kommission zur Reform des Telekommarktes gründlich umgearbeitet. Die Abgeordneten entfernten nicht nur zahlreiche Zusätze der Medienindustrielobby, sie stimmten auch über das Kernstück des Telekompakets ab.
Vetorecht der Kommission gekippt
Der maßgebliche Industrieausschuss des Parlaments stimmte am Montagabend in Straßburg zwar für die Möglichkeit zur organisatorischen Aufspaltung von Telekommunikationsfirmen in einen Netz- und einen Dienstanbieter. Doch die Abgeordneten schützten die nationalen Branchenregulierungsbehörden vor einem Verlust an Einfluss zugunsten der Europäischen Kommission. Der ursprüngliche Entwurf von EU-Telekommunikationskommissarin Viviane Reding hatte eine starke Zentralisierung der Aufseher und ein Vetorecht Brüssels gegen deren Beschlüsse vorgesehen.
Das Plenum des EU-Parlaments soll im September über das Regelungspaket abstimmen, über das noch eine Einigung mit den EU-Mitgliedsstaaten gefunden werden muss. Die EU will mit der Aufspaltung von Netzen und Diensten die Dominanz großer Telekommunikationsfirmen brechen und den Wettbewerb verstärken. Die nationalen Regulierungsbehörden sollen dem Vorschlag zufolge eine Trennung anordnen können. Große Anbieter hätten dann einen Anreiz, mehr kleinere Konkurrenten ihre Netze gegen Entgelt nutzen zu lassen.
Ex-Monopolisten geschützt
Konzerne wie die Deutsche Telekom und France Telecom lehnen das ab und warnen, eine solche Regelung würde sie von Investitionen in die Netze abschrecken. Das Parlament will ergänzen, dass die Trennung nur nach einer eingehenden Folgenabschätzung verordnet werden kann. Unter den EU-Mitgliedsländern sind Deutschland und Spanien gegen die funktionale Trennung.
Verabschieden muss sich die Kommission von ihren Plänen, die europäische Marktregulierung zu zentralisieren. Reding wollte eine neue Behörde mit rund 100 Mitarbeitern zur Regulierung der Branche gründen, um ein europaweit einheitliches Vorgehen zu erreichen. Darin wären die Gruppe der 27 nationalen Regulierer [ERG] und die in Griechenland sitzende Agentur für Netzsicherheit [ENISA] zusammengefasst worden. Jetzt soll das ERG-Netzwerk aufgewertet werden. Bisher tagen die Vertreter der EU-Länder alle paar Monate an wechselnden Orten. Nun soll es eine feste Einrichtung unter dem Kürzel BERT geben. Doch statt einstimmig können Beschlüsse künftig mit Mehrheit gefasst werden.
Gestrichen haben die Abgeordneten auch das Recht der Kommission, ein Veto einzulegen, wenn sie mit der Entscheidung nationaler Regulierer nicht einverstanden ist. Jetzt soll BERT das letzte Wort behalten.
(Reuters | futurezone)