RTR

Telekom Austria wird teilweise dereguliert

08.07.2008

Wie bereits seit längerem beabsichtigt, hat die Telekom-Control-Kommission [TKK] eine teilweise Deregulierung des Breitband-Vorleistungsmarkts beschlossen: Die Telekom Austria wird in Ballungsräumen aus der Regulierung "entlassen" - die Branche ist empört.

Nicht alle Internet-Anbieter verfügen über ein eigenes Netz und mieten sich deshalb in die Infrastruktur der Telekom Austria ein, um ihren Kunden einen Netzzugang zu bieten. Dafür gibt es den Breitband-Vorleistungsmarkt.

Zwar verfügt der Ex-Monopolist Telekom Austria [TA] laut der Behörde auf diesem Vorleistungsmarkt über beträchtliche Marktmacht, nach Ansicht des Regulierers allerdings nur in einigen geografischen Teilbereichen - vor allem in den ländlichen Gebieten. Hier hat die TA laut Behörde einen Marktanteil von 75 Prozent auf dem Vorleistungsmarkt, wogegen es in den Ballungsräumen etwa 27 Prozent sind.

Die geografische Aufteilung

Aus diesem Grund soll der Vorleistungsmarkt ab 1. Jänner 2009 in zwei Gebiete aufgeteilt werden. Im Gebiet 1, den Ballungsräumen, wird die Telekom Austria aus der Regulierung "entlassen". Im ländlichen Raum, dem Gebiet 2, wurden der TA Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Gewährung von Netzzugang, Nichtdiskriminierung, die Legung eines Standardangebots, die Verpflichtung zur Entgeltkontrolle auf Basis Retail-Minus [an den Enkundenpreisen der TA orientierte Vorleistungspreise] sowie die Verpflichtung zur getrennten Buchführung auferlegt. Die getrennte Buchführung wurde auch in Gebiet 1 vorgeschrieben, um eine Quersubventionierung zu vermeiden.

"Nach mehr als zehn Jahren mit strengen Regulierungsmaßnahmen setzen wir nun den ersten Schritt zur Deregulierung", erklärte RTR-Chef Georg Serentschy am Dienstag die Entscheidung. In den Ballungszentren sei die TA aufgrund der steigenden Zahl an Entbündlern, Kabelanbietern und vor allem des starken Trends zu den mobilen Breitbandangeboten der Mobilfunker stärker unter Wettbewerbsdruck geraten.

Die RTR hätte die Regulierung in den Ballungsgebieten gerne schon im März aufgehoben.

"Verbesserungen" für Alternative

Legitimiert sieht die Behörde ihre Entscheidung durch der Öffnung des Verfahrens für alle alternativen Anbieter, über die der Verfassungsgerichtshof im April entschieden hatte. Rund 530 Anbietern war damals in dem Verfahren Parteienstellung zugesprochen worden. Nach einer ersten Frist zur Stellungnahme Ende April beteiligten sich jedoch lediglich 38 Anbieter aktiv an dem Verfahren.

Serentschy betonte am Dienstag die zahlreichen Verbesserungen für alternative Anbieter, die nunmehr berücksichtigt wurden. So sollen diese die Vorleistungsentgelte an die TA erst dann bezahlen, wenn der Kunde freigeschaltet ist, anstatt bisher ab Anmeldung.

Wettbewerbsbehörde gefordert

Erleichterungen soll es auch beim Bestellvorgang geben, der künftig auch übers Web getätigt werden können soll. Als weiteres Zugeständnis an die Alternativen sieht der Regulierer auch den Zeitfaktor, nämlich dass die Deregulierung erst Anfang 2009 einsetzt. Die Verpflichtung der TA zur bundesweiten Entbündelung bleibe unverändert bestehen.

Durch die Deregulierung wird laut TKK eine stärkere Kooperation mit der Bundeswetbewerbsbehörde nötig. Für 2009 sei eine weitere Marktanalyse geplant, aber auch die laufende Beobachtung solle verstärkt werden. Zudem soll in der RTR eine einheitliche Kontaktstelle eingerichtet werden, an die Wettbewerbsverstöße im Telekombereich kommuniziert werden können.

Vorerst nicht mehr Deregulierung

Dass der Wettbewerb in den Ballungsräumen in Zukunft dadurch behindert werde, dass die TA ihr Vorleistungsangebot vom Markt nimmt, glaubt man in der Regulierungsbehörde nicht. Schließlich entgingen der TA dadurch Einnahmen. Außerdem habe die Telekom Austria laut RTR bereits öffentlich erklärt, bestehende Wholesale-Verträge nicht zu kündigen sowie für Neubestellungen die bestehenden

Angebote für ein halbes Jahr unverändert aufrechtzuerhalten.

Weitere Deregulierungsschritte seien vorerst jedoch nicht geplant: "Eine völlige Freigabe des Vorleistungsmarkts sehe ich in nächster Zeit nicht", so Serentschy.

Die Aufteilung

Die Telekom Austria verfügt österreichweit über ca. 1.500 Hauptverteiler, die als Grundlage für die geografische Aufteilung dienen: Ein Hauptverteiler wird dann zum Gebiet 1 gezählt, wenn die Anzahl der Haushalte im Einzugsbereich mehr als 2.500 ist, mindestens drei große Betreiber im Einzugsbereich vorhanden sind und der Marktanteil der TA in dem konkreten Berech unter 50 Prozent liegt.

==ISPA: "Ein Schuss ins Knie"==

Der Verband der heimischen Internet-Service-Provider [ISPA] kritisierte die Deregulierungsmaßnahmen am Dienstag scharf: "Ich glaube, das ist ein Schuss ins Knie für die heimische Internetwirtschaft", so ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger im Gespräch mit ORF.at. Er sehe einen weiteren Schritt in Richtung Re-Monopolisierung und kleinere Betreiber dadurch noch mehr unter Druck gesetzt.

"Unserer Meinung nach gibt es noch nicht genug Wettbewerb. Das Problem ist aber, dass es, wenn sich die negativen Folgen dieser Entscheidung zeigen, für viele Betreiber bereits zu spät ist." Einzinger kann sich auch vorstellen, dass einzelne Provider gegen den Entscheid in Berufung gehen werden.

(futurezone | Nayla Haddad)