Last.fm bezahlt unabhängige Musiker
Der Online-Musikdienst last.fm hat ein neues Tantiemenprogramm gestartet und will künftig auch unabhängige Musiker, die über keinen Plattenvertrag verfügen, für das Streaming ihrer Musik bezahlen. Die Vertragsbedingungen stoßen bei Vertretern unabhängiger Labels jedoch auf Kritik.
Am Mittwoch startete der Musikempfehlungsdienst sein bereits seit längerem angekündigtes "Artist Royalty Program". Damit werden erstmals auch an Musiker ohne Plattenvertrag und Vertretung durch eine Verwertungsgesellschaft Tantiemen ausgeschüttet, hieß es in einer Aussendung des Unternehmens.
Beteiligung an Werbeeinnahmen
Das "Artist Royalty Program" sieht eine prozentuelle Beteiligung der Musiker an den Werbeeinnahmen aus ihren Songs vor. Die Höhe der Tantiemen hängt davon ab, ob die Tracks im Online-Radio abgespielt oder on Demand abgerufen werden und beträgt zwischen zehn und 30 Prozent der last.fm-Werbeumsätze an den Titeln.
Bisher wurden laut last.fm rund 450.000 Titel in Verbindung mit dem Tantiemenprogramm auf die Site geladen. Last.fm-Gründer Martin Stiksel sprach von einem "großen Tag für unabhängige Musiker", die bei last.fm nun dieselben Verdienstmöglichkeiten vorfinden würden wie Musiker großer Labels.
Kritik von Indie-Label-Vereinigung
Die Indepent-Label-Vereinigung Merlin, die rund 12.000 Labels vertritt, wollte die Euphorie Stiksels über das neue Tantiemenprogramm nicht teilen und prüft rechtliche Schritte gegen den Musikempfehlungsdienst.
Das Tantiemenprogramm sehe keine Kompensation für das Streaming von Songs in den vergangenen Jahren an unabhängige Labels und Musiker vor, kritisierte Merlin in einer Aussendung an seine Mitglieder.
"Interpretationsspielraum groß"
Darüber hinaus sei der Interpretationsspielraum in den Vertragsklauseln groß und könnte zu unangenehmen Überraschungen für die Musiker und Labels führen, hieß es in dem vom Branchen-Weblog Hypebot zitierten Schreiben weiter.
Merlin hatte vor kurzem Verhandlungen mit last.fm über die Vergütung seines Repertoires für On-Demand-Streaming bei last.fm abgebrochen und sich laut dem Branchendienst Paidcontent.org Schritte gegen den Dienst vorbehalten.
Der Musikkonzern Warner Music hat Anfang Juni seine Musik aus last.fm abgezogen. Die Vergütung für die Titel sei zu gering, hieß es damals. Branchenkenner vermuten, dass Warner Music mit dem Schritt eine Beteiligung an dem Dienst erzwingen wollte. Der unter österreichischer Beteiligung gegründete Londoner Musikdienst wurde im vergangenen Mai für rund 300 Millionen Dollar vom US-Medienkonzern CBS gekauft.
Transparentes Auszahlungssystem
Die last.fm-Tantiemen nehmen sich verglichen mit Abgaben an Verwertungsgesellschaften bescheiden aus. Mit allzu viel Geld sollten die Musiker nicht rechnen, räumte auch last.fm-Gründer Stiksel gegenüber dem Blog Listening Post ein.
Im Vergleich zu Verwertungsgesellschaften setze man jedoch auf Transparenz. Musiker könnten jederzeit nachvollziehen, wie oft ihre Musik im freien Netzradio oder über On-Demand-Streams abgerufen wurde.
Bei Konkurrenzdiensten, wie etwa dem werbefinanzierten MySpace-Music-Streaming, gehen Musiker ohne Plattenvertrag gänzlich leer aus.
On-Demand-Streaming
Last.fm hatte Anfang des Jahres in Großbritannien, den USA und Deutschland einen On-Demand-Streaming-Dienst gestartet, bei dem jeder Track bis zu dreimal vollständig im Player auf der Site abgespielt werden konnte.
Auch ein kostenpflichtiger Musikabodienst wurde damals angekündigt.