Musikdienst mit Aussichten

19.07.2008

Das US-Online-Musikservice Grooveshark verbindet On-Demand-Streaming und Social Networking mit dem Verkauf von Musik-Downloads. Weil der Dienst nicht für alle angebotenen Titel Lizenzen besitzt, könnte er schon bald Schwierigkeiten bekommen.

Als Mischung aus Last.fm, iTunes und einem Peer-to-Peer-Netzwerk ist Grooveshark vor rund einem Jahr an den Start gegangen. Mittlerweile hat der von zwei Studenten aus Gainsville im US-Bundesstaat Florida gegründete Dienst, der sich noch in der Betaphase befindet, rund 50.000 Nutzer aus 175 verschiedenen Ländern und fast zehn Millionen Titel im Repertoire.

Die Songs werden von den Nutzern selbst zur Verfügung gestellt, die ihre Musiksammlung über die für die Grooveshark-Nutzung erforderliche Software Sharkbyte auf die Plattform laden. In der Online-Music-Community können sie Profile anlegen, Playlists erstellen, Songs bewerten, ihren Freunden Musik empfehlen und sich ohne Einschränkungen quer durch die Millionen auf Grooveshark verfügbaren Songs hören.

Download-Guthaben für Nutzer

Am Verkauf der Titel, die für 99 Cent pro Stück zum Download angeboten werden, verdienen die Nutzer indirekt mit. Für verkaufte Titel, die sie zur Verfügung gestellt haben, gibt es Guthaben, die für Downloads oder Konzerttickets eingelöst werden können. Der Fan wird zum Vertriebspartner. Die Erlöse aus den vorwiegend im MP3-Format ohne Kopierschutzbeschränkungen angebotenen Tracks gehen an Musiker und Labels sowie an Grooveshark.

Für die Nutzung von Grooveshark ist derzeit ein "Invite-Code" erforderlich, der in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Registrierung zur Verfügung steht. Seit April dieses Jahres bietet Grooveshark auch eine "Lite"-Version seines Dienstes an, für die keine Registrierung erforderlich ist. Dabei kann über einen Flash-Player das gesamte Groveshark-Repertoire als Stream angehört werden.

Gute Lösung, kaum Lizenzen

Was nach einer kundenfreundlichen Lösung im Online-Musikgeschäft aussieht, steht jedoch auf tönernen Füßen. Zwar hat Grooveshark Verträge mit rund 400 unabhängigen Labels, Lizenzvereinbarungen mit den vier großen Musikkonzernen [Universal Music, Warner Music, Sony BMG, EMI] und größeren Independent-Labels gibt es bisher jedoch keine.

Verkauft und gestreamt werden die Songs dennoch. Die Chart-Stürmer Duffy und Coldplay finden sich ebenso im Angebot wie Altstars Madonna und U2. Selbst die Beatles, die sich bisher standhaft dem Vertrieb ihrer Songs im Online-Musikhandel verweigert haben, sind auf Grooveshark vertreten. "Yellow Submarine" kann ebenso gestreamt und für 99 Cent heruntergeladen werden wie "Help" und "Let It Be".

Verhandlungen mit Labels

Das Geld werde von Grooveshark verwaltet und an die Labels ausbezahlt, wenn diese Ansprüche anmelden. Man lege großen Wert darauf, dass Rechteinhaber vergütet werden, heißt es seitens des Unternehmens. "Wir verhandeln derzeit mit vielen Labels über Lizenzen", sagt Grooveshark-Sprecher James Davies gegenüber ORF.at. Labels oder Künstler, die am Vertrieb ihrer Musik über Grooveshark interessiert seien, könnten sich darüber hinaus auf der Seite registrieren und ihre Titel zum Download und Streaming bereit stellen.

Über die Anzahl der auf Grooveshark verkauften Titel hält sich Davis bedeckt. Das Streaming-Service erfreue sich jedoch großer Beliebtheit. Täglich würden bis zu 140.000 Titel abgerufen, so der Unternehmenssprecher. Mit Klagen rechnet er nicht: "Bisher haben lediglich zwei Labels verlangt, dass wir ihre Musik aus unserem Angebot entfernen."

"Warten bis sich Klage lohnt"

Nicht jeder teilt den Optimismus des Grooveshark-Teams. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass Grooveshark früher oder später Klagen von Musikkonzernen ins Haus flattern werden. Auf Listen mit potenziellen Klagekandidaten der Musikindustrie, die auf einer Branchen-Mailinglist kursieren, steht Grooveshark ganz oben.

"Wir haben mit den Musikkonzernen eine gute Gesprächsbasis", meint hingegen Davis, der davon ausgeht, dass sich die Industrie ansehen will, wie sich das Geschäftsmodell des Start-ups entwickle. Zweifel daran sind zumindest angebracht. Oder wie ein Branchenbeobachter meint: "Die Musikkonzerne warten wahrscheinlich nur bis sich eine Klage lohnt."

Auch der vor kurzem gestartete österreichische Online-Musikdienst tunesBag ermöglicht die Online-Verwaltung der eigenen Musikbibliothek und das Teilen der Tracks mit Freunden.

(futurezone | Patrick Dax)