Kampfplatz Soziale Netzwerke
Facebook, Weltmarktführer bei den Sozialen Netzwerken, klagt den Platzhirsch im deutschen Sprachraum, studiVZ - und vice versa. Erzkonkurrent MySpace ist in Österreich wie Deutschland bereits stark vertreten, zwei Ableger von deutschen Medienkonzernen, Lokalisten und kaioo, greifen alle anderen an.
In einer ersten Reaktion bezeichnete die studiVZ-Geschäftsführung Plagiatsvorwürfe seitens des US-Konkurrenten Facebook am Sonntag als "haltlos".
Laut "Financial Times" hat Facebook am Freitag bei einem kalifornischen Gericht Klage gegen studiVZ eingereicht. Der Vorwurf: Die studiVZ-Macher hätten Aussehen, Features und Dienste von Facebook kopiert, ihre Website unterscheide sich vom US-Vorbild lediglich in der Farbgebung.
"Illegale Aktivitäten"
Mit der Klage wolle Facebook die "illegalen Aktivitäten" von studiVZ unterbinden, heißt es angeblich in der 116-seitigen Klagsschrift.
"Angeblich" deshalb, weil die sozialen Netzwerker aus Deutschland - wiederum nach eigenen Angaben am Sonntag - bis dahin die Klageschrift nicht zugestellt bekommen hatten.
Die Gegenklage
Vorwürfe von amerikanischen Anwälten im Vorfeld hätten studiVZ veranlasst - ebenfalls am Freitag - Feststellungsklage beim Landgericht Stuttgart einzureichen, schrieb die Geschäftsführung am Sonntag.
Ziel sei es, "von den zuständigen deutschen Gerichten feststellen zu lassen, dass die von Facebook erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend sind".
Und weiter: "Nachdem es Facebook trotz aufwändiger Bemühungen bisher nicht gelungen ist, in Deutschland Fuß zu fassen, versucht man jetzt offenkundig, den Erfolg von studiVZ gerichtlich zu behindern."
Facebook vs. Holtzbrinck
Facebook, das nach eigenen Angaben weltweit mehr als 80 Millionen Nutzer hat, hatte die Klage wenige Monate nach dem Start einer deutschen Version seines Dienstes eigereicht.
Die deutsche Version der US-Site hat es schwer, denn mit schülerVZ, studiVZ und meinVZ dominieren drei Online-Netzwerke den Markt, die nach Angaben der Betreiber mehr als zehn Millionen Mitglieder in Deutschland wie Österreich haben.
Sie gehören mittlerweile zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, einem Medienkonzern, der unter anderem auch die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit", den Berliner "Tagesspiegel" und das "Handelsblatt" besitzt.
Bei einer Klage in den USA hätte Holtzbrinck durchaus auch etwas zu verlieren, denn der Konzern besitzt dort unter dem Dach der Macmillan-Gruppe Buchverlage wie etwa das renommierte New Yorker Haus Farrar, Straus and Giroux.
MySpace stark
Zudem ist der von Facebook kürzlich überflügelte Konkurrent MySpace, das zum Konzern News Corp. des Magnaten Rupert Murdoch gehört, stark im Sprachraum vertreten, im März gab man an, 4,5 Millionen deutsche Benutzer zu haben.
Am deutschsprachigen Markt mischt aber auch noch das Netz der "Lokalisten" mit, das dem Medienkonzern ProSiebenSat.1 gehört. In Deutschland und Österreich kommt man nach eigenen Angaben auf zwei Millionen Benutzer.
Plagiatsvorwürfe
Das wie Facebook als Studentenprojekt gestartete Unternehmen StudiVZgehört seit Jänner 2007 zu Holtzbrinck.
Facebook, das 2004 vom Harvard-Studenten Mark Zuckerberg gegründet wurde, hat in den USA gerade erst einen Urheberrechtsstreit in eigener Sache beigelegt.
Gründer und CEO Mark Zuckerberg war vorgeworfen worden, die Idee für Facebook von einem Mitstudenten gestohlen zu haben.
Die Angreifer
StudiVZ wiederum war Anfang des Jahres zum Einen mit aggressiven Werbekampagnen für schülerVZ ins Visier von Jugendschützern, Lehrer und Eltern geraten.
Zum anderen löste eine quasi über Nacht erfolgte Änderung der Geschäfts- und Datenschutzbedingungen einen Aufstand der Benutzer aus.
Dazu greift mit dem erst Ende 2007 gestarteten soziale Netzwerk kaioo ein deutscher Konkurrent studiVZ an, der von sich behauptet, das einzige echte soziale Netzwerk darzustellen.
Sony, Bertelsmann, gemeinnützig
Kaioos Erlöse würden an gemeinnützige Organisationen gestiftet, die operativen Kosten würden Spender tragen, heißt es seitens der Betreiber.
Die freilich kommen aus einem Bereich, in dem oberstes Gebot die Maximierung der Profite ist.
Thomas Kreye war vor seiner Hinwendung zum sozialen Netzwerken Direktor für Geschäftsentwicklung im Vorstand der Bertelsmann AG, sein Partner Rolf Schmidt-Holtz ist immer noch CEO des Joint-Ventures Sony BMG.
Seit Jänner wurde "stasiVZ" von Rapper MC Stasido - ein Promotionvideo für kaioo - auf YouTube zum Beipiel von 55.000 Benutzern angesehen.
Betrieb statt Klage
Das ist das eigentlich Erstaunliche. Im deutschen Sprachraum ziehen die Medienkonzerne eigene, Soziale Netzwerke auf, anstatt diese wegen Missachtung der Urheberrechte zu verklagen.
Das passiert gerade dem zum Google-Konzern gehörige sozialen Netzwerk YouTube in den USA.
Bekanntlich hatte der US-Medienkonzern Viacom auf Herausgabe aller Benutzerdaten geklagt und in erster Instanz auch gewonnen.
Grund: Ermittlung der Seherzahlen gewisser Videos auf YouTube, die unter dem Copyright von Viacom stehen.
Links:
(futurezone/Erich Moechel)