Neue Analyse zum Telekompaket

eu
29.07.2008

Die britische Politologin Monica Horten hat eine neue Analyse zum Kompromissvorschlag des beim Telekompaket federführenden Verbraucherausschusses im EU-Parlament veröffentlicht. Das ernüchternde Fazit: "Three Strikes Out" ist immer noch im Rennen.

"Es war ganz offensichtlich, dass unter den Parlamentariern bei der Abstimmung über die Änderungsanträge Verwirrung herrschte", schreibt die britische Politologin in ihrer Analyse des Telekompakets.

Das sei angesichts der Komplexität der Materie und der Vielzahl der Änderungsanträge auch nicht verwunderlich.

In diesem Gesetzesbündel, mit dem drei verschiedene EU-Richtlinien auf den neuesten Stand gebracht werden, befinden sich auch nach Hortens Analyse immer noch Passagen, die ein Vorgehen nach französischem Muster erlauben könnten.

"Eins, zwei, drei - Internet abgedreht"

Eine der ersten Gesetzesinitiativen der Regierung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, die auf dem Weg durch die Institutionen ist, sieht nach dem dritten Verstoß gegen Urheberrechte eine Sperre des Internet-Zugangs vor. Bekannt geworden ist der Gesetzentwurf als "Loi HADOPI" oder "Three Strikes Out".

Aufgrund der Wortwahl des im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz [IMCO] verabschiedeten Kompromisses sind fast alle Elemente von "Eins, zwei, drei - Internet abgedreht" zwar etwas abgeschwächt, aber immer noch enthalten.

Das betrifft vor allem Änderungsantrag neun, der die "Kooperation" von Internet-Providern bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen vorsieht.

Was "Kooperation" bedeuten kann

Das betrifft vor allem Änderungsantrag neun, der die "Kooperation" von Internet-Providern bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen vorsieht.

Was "Kooperation" in diesem Zusammenhang bedeute, sei überhaupt nicht klar, so die britische Politologin und verweist dabei auf die Phraseologie der Rechteinhaber.

In der Stellungnahme des Verbands der Phonographischen Industrie sei "sinnvolle Kooperation" nämlich so definiert: "Einer der effektivsten Schritte für einen Internet-Provider" sei erst die "Verwarnung der gegen Urheberrechte verstoßenden Benutzer", bei weiteren Verstößen seien sodann "die Aussetzung oder die eventuelle Beendigung des Service" angesagt.

Vollständige Überwachung

Die Voraussetzung für diese Art von "Kooperation" ist logischerweise vollständige Überwachung des Netzverkehrs durch die Provider.

Da dieser Teil das Telekompakets ironischerweise unter dem Titel "Verbraucherschutz" steht, ist IMCO hier federführend, während der Industrieausschuss - der in diesem Punkt eine wesentliche klarere Formulierung gefunden hat - bei allen anderen Teilen des Richtlinienpakets den Ton angibt.

Das Telekompaket wird am 2. September im EU-Parlament verhandelt. Am 22. September soll über die Vorschläge der Ausschüsse abgestimmt werden.

EU-Parlamentarier skeptisch

Österreichische EU-Parlamentarier aller vier Fraktionen hatten sich jedenfalls gegen "anlasslose Überwachung der Benutzer" oder gar Internet-Sperren augesprochen.

Der Abgeordnete Othmar Karas [EVP] hatte sich überzeugt gezeigt, dass die erwähnte Passage das Plenum nicht überleben werde, wo das Telekompaket im September auf der Agenda steht.

(futurezone | Erich Moechel)