ORF.at/Anatol Locker

Branchengeflüster von der Games-Messe

25.08.2008

Worüber wird in der Spielebranche geredet? Was besprechen Firmenchefs, PR-Manager und Journalisten auf den Branchenpartys? Anatol Locker hat sich für ORF.at auf der Games Convention in Leipzig umgehört.

Das Verhältnis zwischen Spielekonsolen und PC ist traditionell gespalten: Einmal haben Konsolen die Nase vorne, einmal der PC, der mit neuen Grafikkarten und Prozessoren über zwei Jahrzehnte immer wieder in der Gunst der Spieler aufholte.

Doch seit vier Jahren dominiert ein einziges Spiel die PC-Szene: "World of Warcraft". Und es verändert die PC-Landschaft nachhaltig. Teut Weidemann, altgedienter Spieleentwickler und Games-Consultant, prognostiziert gar das Ableben der Single-Player-Spiele. Und wenn auf der Games Convention Kids in "Death to Single-Player"-T-Shirts herumgehen, ist das durchaus Ausdruck einer steten und schleichenden Veränderung.

Doch noch gibt es Spieler, die weder Lust noch Zeit auf stundenlange Massive-Multiplayer-Raids oder Casual Games haben. Sie werden mit Xbox 360, PS3 und Wii eindeutig besser bedient: Noch nie gab es für Konsolen ein derartig breit gefächertes Angebot. Für die Industrie ist das Problem der Raubkopien auf Konsolen geringer als bei PCs.

Fazit: Es erscheinen kaum noch exklusive Entwicklungen für PC. Von den über 250 Neuvorstellungen der GC war nur ein verschwindend geringer Teil exklusiv für PC; der PC-Markt schrumpfte im letzten Quartal um sieben Prozent oder 21 Mio. Euro.

Die Leipziger Messegesellschaft hat am Sonntag angekündigt, auch im nächsten Jahr die Spielefachmesse Games Convention ausrichten zu wollen. Die GC 2009 soll von 19. bis 23. August stattfinden.

Turbo für die Zweiten

Was haben Sony und Electronic Arts gemeinsam? Sie waren einmal Marktführer, nämlich beim Spielekonsolen- und Software-Verkauf. Mit der Fusion von Activision und Blizzard sowie dem Siegeszug der Wii wurden sie vorläufig entthront. Der Weckruf hat beiden gutgetan: Die Pressekonferenzen von Sony und EA, sonst gerne mit Zahlen und Selbstbeweihräucherung gespickt, standen diesmal ganz im Zeichen der Spiele.

Electronic Arts wartete mit einem prallen, diversifizierten Spieleangebot auf. Die EA-Sports-Serie wurde stark ausgedünnt; von Survival-Horror-Shootern - "Dead Space" und "Left 4 Dead" - bis zum familienkompatiblen "Sims 3" wurde alles geboten – in anständiger Qualität.

Auch Sony, das zuletzt mit massiven Spieleverspätungen und sinkenden Verkaufszahlen zu kämpfen hatte, agiert, statt nur zu reagieren: eine verbesserte PSP, mehr Speicherplatz für die PS3, familienfreundliches wie "EyePet" und "Little Big Planet" und Online-Rollenspiele wie "DC Universe", für das eine Aufstecktastatur erhältlich sein wird. Und um neue Zielgruppen zu erreichen, erscheint bald eine türkische Edition von "Singstar".

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Heimliche Hits: Spiele für Kinder

Alles redet von "Casual Games", dabei zeigen auch andere Sparten Wachstumsraten. Während die Fachpresse stoisch die Verkaufserfolge von Kinderspielen ignoriert, verkaufen sich diese mit minimalem Werbeaufwand erstaunlich gut. Kaum ein Publisher, der nicht ein paar Spiele für kleinere Kinder im Portfolio anbietet.

Ubisoft-Manager bezeichneten die Spieleserie "Spiele für mich" als "erfreulichen Umsatzbringer" und engagierten dafür die "Bravo"-kompatible Sängerin LaFee, die zur angepeilten Zielgruppe passt wie auch die Spielinhalte.

Erosion der Spielezeitschriften

Es ist kein Geheimnis, dass Spiele-Fachmagazine mit sinkenden Auflagen kämpfen. Sinkende Auflagen führen zu Anzeigenschwund, weniger Einnahmen zu Sparmaßnahmen in den Redaktionen, die immer stärker an Qualität und so weitere Leser verlieren.

Ein zweiter Grund für das Magazinsterben: Spiele sind in der Herstellung so teuer, dass sich die großen Software-Häuser keine Flops mehr leisten. Ergo kann man davon ausgehen, dass die meisten Spiele gut sind – so verlassen sich wenige Leser eher auf das Urteil ihrer Freunde als auf Spieletests in Magazinen. Doch in der Branche der Fachmagazine scheinen neue Konzepte Mangelware zu sein. Wenn in der Magazinbranche nicht bald ein radikales Umdenken stattfindet, werden wohl nur spezialisierte Nischenmagazine überleben.

(Anatol Locker)