IPods, auf Schmerzen abonniert
Hartnäckigen Branchengerüchten zufolge wird Apple in Kürze mit einem Musikabonnement auf den Markt kommen. Die Firma würde sich damit auf raues Terrain begeben. Bisher ist jedes Musikabomodell im Internet konsequent gescheitert.
Apple-Fans auf aller Welt fiebern derzeit dem 9. September entgegen. Der Computerhersteller lädt an diesem Tag zu einem Event in San Francisco ein, der unter dem Motto "Let's Rock" steht. Eine Reihe von Bloggern will erfahren haben, dass Apple dort eine Reihe neuer iPods vorstellen wird. Die Geräte sollen deutlich günstiger sein als bisherige Modelle und sich damit vom iPhone und dem iPod Touch abheben.
Gleichzeitig erwarten Apple-Kenner auch die Vorstellung einer neuen iTunes-Version. iTunes 8 soll nicht nur eine Empfehlungsfunktion zum Kennenlernen neuer Musik, sondern verschiedenen Berichten zufolge erstmalig auch ein Musikabonnement bieten.
So sollen US-Nutzer für rund elf Dollar pro Monat beliebig viele Songs aus dem iTunes-Store-Katalog herunterladen dürfen. Die Songs werden sich auf Macs und iPods abspielen, aber aller Voraussicht nach nicht brennen lassen, heißt es dazu aus der Gerüchteküche.
Institution Gerüchteküche
Apple hält neue Produkte traditionsgemäß geheim. Nichtsdestotrotz ist es Bloggern immer wieder gelungen, wichtige Details über zukünftige Geräte vor ihrer offiziellen Vorstellung zu erfahren. Websites wie Macrumors.com haben sich sogar voll und ganz derartigen Gerüchten verschrieben.
Konkurrenz von Nokia und Napster
Die Idee eines solchen Musikabos ist nicht ganz neu. RealNetworks betreibt in den USA bereits seit rund sechs Jahren mit Rhapsody einen eigenen Abodienst, der Musik zu ganz ähnlichen Konditionen anbietet. Real-Konkurrent Napster ist mit seinem Abo auch in Deutschland, Großbritannien, Kanada und Japan präsent. Nokia wird zudem im Herbst in Großbritannien einen mobilen Abodienst namens "Comes With Music" starten.
Apple-Chef Steve Jobs hatte der Idee eines Musikabos jedoch in der Vergangenheit mehrfach eine Absage erteilt. So erklärte Jobs vor gut einem Jahr, das Abomodell sei gescheitert. "Konsumenten interessieren sich einfach nicht dafür", so sein Urteil. Nichtsdestotrotz berichtete die "Financial Times" im Frühjahr über Verhandlungen zwischen Apple und den großen Plattenfirmen.
Ein schwieriger Markt
Ob Apple sich tatsächlich am Verleihen von Musik versucht, werden wir wohl frühestens am 9. September erfahren. Fest steht: Apple würde mit solch einem Vorstoß einen Markt betreten, der in den vergangenen Jahren alles andere als erfolgreich war. Internet-Nutzer haben sich bisher trotz massiver Marketingkampagnen nicht von der Abo-Idee überzeugen lassen. Die meisten Musikfans kaufen lieber einzelne Downloads, anstatt Monat für Monat Geld für ein Abo auszugeben.
Nach einem anfänglichen Enthusiasmus gab es in den vergangenen Jahren deshalb zahlreiche Konsolidierungen unter Online-Aboanbietern. So übernahm RealNetworks Rhapsody die Aboplattformen und Kundenstämme der beiden Konkurrenten Yahoo und MTV. Napster kaufte seinerseits AOLs Musikdienst. Genutzt hat das beiden Diensten kaum: RealNetworks verlor in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 50.000 Abonnenten, Napster liefen im gleichen Zeitraum 40.000 Abonnenten davon.
Studenten sind Abos zu teuer
Napsters Misserfolge sind emblematisch für die Probleme der Branche. Der Software-Konzern Roxio hatte sich Ende 2002 die Namensrechte an der ehemaligen Tauschbörse gesichert, um Millionen von P2P-Nutzern eine neue Heimat zu bieten. Unbegrenzte Musikdownloads für einen geringen monatlichen Festpreis schienen ein gutes Angebot für Musikfans, die nicht mehr bereit waren, 15 bis 20 Dollar für eine einzelne CD auszugeben.
Napster schloss zudem Partnerschaften mit einer Reihe von US-Universitäten. Die Firma bot den Hochschulen deutliche Rabatte und bekam im Gegenzug campusweite Nutzungsverträge und damit Zehntausende von studentischen Kunden. Napster bezeichnete diese Patnerschaften damals als bahnbrechende Beiträge im Kampf gegen studentische Piraterie.
Heute will man von derart visionären Ideen nichts mehr wissen. Napster gab Ende August bekannt, sich vom Uni-Markt zu verabschieden. Das Universitätsprogramm sei strategisch nicht mehr interessant, so die Firma. Im Klartext heißt das: Die Uni-Rabatte sind Napster einfach zu teuer. Passenderweise erklärte man ein paar Tage später, über einen Verkauf der bisher börsengehandelten Firma nachzudenken. Kostspielige Partnerschaften wie die mit US-Hochschulen könnten Übernahmeinteressenten abschrecken.
Kopierschutz und hohe Kosten
Einer der Gründe für die durchwachsene Bilanz der bisherigen Aboanbieter sind die hohen Kosten des eigenen Geschäftsmodells. Die Musikbranche lässt sich von Rhapsody & Co. jedes einzelne Abspielen ihrer Songs bezahlen. Napster sah sich deshalb Anfang des Jahres gezwungen, den Preis seines Abos um 30 Prozent zu erhöhen.
Ebenfalls problematisch: Napster und seine Mitbewerber setzen auf Digital-Rights-Management-Technologien [DRM] von Microsoft. Songs können damit auf kompatible MP3-Player übertragen werden, nicht jedoch auf den iPod und das iPhone. Kunden müssen zudem Monat für Monat in die Tasche greifen, um weiter auf ihre Downloads zugreifen zu können. Wer sein Abo kündigt, verwandelt seine Musiksammlung automatisch in wertlosen Datenmüll.
Handyabos von Nokia und Universal
Eine neue Generation von Musikabos will jetzt mit einigen dieser Probleme aufräumen. So setzt Nokia für sein neues Handy-Musikabonnement auf einen Paketpreis. Wer ein bestimmtes Telefonmodell kauft, kann damit ein Jahr lang kostenlos auf Nokias Musikkatalog zugreifen. Downloads sollen sich zudem auch nach dem Kündigen des Abos weiter abspielen lassen.
Ähnliche Pläne verfolgte auch der Musikkonzern Universal mit einem Projekt namens Total Music. Konsumenten sollten nach dem Willen Universals mehr für MP3-Player und Handys zahlen und dafür die Musik der Majors umsonst bekommen. Derartige Pläne wurden jedoch schnell wieder beerdigt, nachdem das US-Justizministerium Ermittlungen wegen des Verdachts der Monopolbildung angekündigt hatte.
Kostenlose Musik - oder doch ein iPod-Abo?
Stattdessen arbeitet Universal jetzt angeblich an einer Plattform, die Konsumenten kostenlose und werbefinanzierte Musikstreams bieten soll. Ob der Major damit Erfolg haben wird, bleibt fraglich: Napster und Rhapsody bieten Musikfans seit einigen Monaten ebenfalls kostenlose Streams, ohne damit für viel Begeisterung unter Musikfans gesorgt zu haben.
Angesichts all dieser Misserfolge ist es fraglich, ob sich Apple wirklich an der Abo-Idee versuchen wird. Im Gegensatz zur Konkurrenz hätte der Konzern immerhin freien Zugang zum iPod - und damit eine Chance, über Nacht Millionen potenzieller Kunden zu erreichen. Möglicherweise war es denn auch kein Zufall, dass Jobs sein letztes Dementi in Sachen iTunes-Abo mit den Worten einleitete: "Sag niemals nie."
(Janko Röttgers)