EU: Warnungen vor "Three Strikes Out"
Der oberste EU-Datenschützer Peter Hustinx und die französische Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net warnen weiterhin vor gefährlichen Änderungsanträgen zum Telekompaket, die vom konservativen EU-Abgeordneten Malcolm Harbour eingebracht wurden.
"Das Gespenst von Three Strikes Out schwebt weiterhin über Europa", schrieb La Quadrature du Net in einem Beitrag vom Mittwoch über den Stand der Debatte zum Telekompaket im EU-Parlament.
Die Organisation, die gegen die Initiative der französischen Regierung zur Sperrung von Internet-Zugängen auf Zuruf der Medienindustrie kämpft, sieht dabei auch den obersten EU-Datenschützer auf ihrer Seite.
Hustinx warnte in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme ausdrücklich davor, die Änderungsanträge des britischen EU-Abgeordneten Harbour anzunehmen, die dieser im Namen des Verbraucherschutzausschusses ins Telekompaket schleusen will. Diese Anträge liefen auf die totale Überwachung des Internets hinaus.
"Three Strikes Out"
Hustinx weist unter anderem auf Änderungsantrag 9 hin, der die nationalen Regulierungsbehörden dazu ermächtigen würde, die Provider dazu zu zwingen, bei gemeldeten "Verstößen gegen das Urheberrecht" Warnhinweise an ihre Kunden zu schicken.
In Harbours Änderungsanträgen finden sich weitere Elemente, die stark an die französische Initiative zur Einrichtung einer nationalen Behörde [HADOPI] erinnern, die auf Zuruf der Medienindustrie Nutzer warnen und letztlich sperren soll [Änderungsantrag 17].
Auch gegen Harbours Änderungsantrag 30 wendet sich Hustinx. Dieser sieht vor, dass IP-Adressen nur noch dann als personenbezogene Daten gelten sollen, "wenn sie allein oder in Verbindung mit anderen Daten direkt mit einer Person in Verbindung gebracht werden können". Werde dieser Antrag gemeinsam mit Antrag 130 angenommen, so Hustinx, würde das den Copyright-Inhabern erlauben, routinemäßig die IP-Adressen von Internet-Nutzern zu überwachen. Auch das würde "Three Strikes Out" vereinfachen.
Kein Schutz vor DRM und Filtern
Weitere Gefahr droht dem freien Datenverkehr im Internet durch Harbours Änderungsantrag 134. Hier fordert er, dass die Mitgliedsstaaten "keine zwingenden Anforderungen in Bezug auf spezifische technische Merkmale für Endgeräte oder sonstige elektronische Kommunikationsgeräte, unter anderem zum Zweck der Feststellung, Abstellung oder Verhinderung der Verletzung geistiger Eigentumsrechte durch die Nutzer", einbringen dürfen.
Sprich: Die Einrichtung von Internet-Filtern und DRM-Maßnahmen auf Anweisung der Medienindustrie soll nicht durch nationale Regulierungsmaßnahmen behindert werden dürfen. Auch gegen diesen Änderungsantrag spricht sich Hustinx aus. Er habe nichts mit den eigentlichen Aufgaben des Telekompakets zu tun. Außerdem hätten DRM-Systeme "beträchtliche Auswirkungen auf die Privatsphäre von Nutzern, weil sie die Beobachtung der Aktivitäten der User erlauben".
Insgesamt empfiehlt Hustinx den EU-Parlamentariern, die Harbour-Änderungsanträge 9, 30, 76, 81, 112, 130 und 134 nicht anzunehmen. Diese würden den Schutz persönlicher Daten von Internet-Nutzern gefährden.
Das EU-Parlament wird am 23. September über die Änderungsanträge zum Telekompaket abstimmen. Bis dahin wird in den Fraktionen noch viel über Kompromissvorschläge zu den Änderungsanträgen debattiert werden.
(futurezone | Günter Hack)