Bild: Thomas Bredenfeld

OpenFrameworks: Programm für die Kunst

08.09.2008

Das freie Projekt openFrameworks bietet ein System, mit dem sich schnell und einfach neue Medienkunstanwendungen herstellen lassen. Auf der Ars Electronica präsentierten die openFrameworks-Macher die Leistungsfähigkeit ihres Programmbaukastens.

Die Ars Electronica hat in ihrem Programm nicht nur Platz für Ausstellungen, Vorträge und Konferenzen, sondern ist immer auch Plattform für Projekte, die für das Festival oder gar während des Festivals entstehen. Ein Teil dieser Struktur, in der auch aktives Mitmachen der Besucher und teilnehmenden Künstler vorgesehen ist, war früher die Electrolobby, die von vielen vermisst wird.

An die Electrolobby fühlen sich viele Besucher erinnert, wenn sie im ersten Stock des Brucknerhauses auf die große Gerüstarchitektur stoßen, in der das openFrameworks Lab für die Dauer des Festivals sein Lager aufgeschlagen hat. Hier ist Mitmachen nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Der Input der Besucher ist Voraussetzung für das Projekt.

Das openFrameworks Lab im Brucknerhaus

Freier Code-Baukasten für Kreative

OpenFrameworks ist eine Architektur aus Programmteilen, die elementare Aufgaben in der Produktion von Medienkunstprojekten übernehmen, also Dinge wie Ein- und Ausgabe von Text, Bild, Ton und Video. Dazu kommt eine Reihe von Modulen, die eine Vielzahl von Manipulationen mit den verschiedenen Medienformaten erlauben. Das Ganze ist nicht als fertige und käufliche Software zu haben, sondern Ergebnis eines Open-Source-Projekts.

Einer der Köpfe, die hinter openFrameworks stecken, ist Zachary Lieberman aus den USA. Im Interview erläutert er das Konzept von openFrameworks. Es geht nicht darum, mit der Software Geld zu verdienen und ein komplettes Programmpaket abzuliefern, sondern Künstlern leicht verständliche Bestandteile anzubieten, aus denen sie selbst dann Programme schreiben können, um ihre Ideen umzusetzen.

C++ statt Skriptsprachen

Ein Framework ist eben keine umfassende Software, sondern eine Art Baukasten. Beispiele sind im Bereich des Web-Development gebräuchliche Strukturen wie jQuery und script.aculo.us. Was man wirklich bei solch einem Framework nutzen will, richtet sich nach dem, was man machen will.

Im Kunstbereich gibt es zwar schon sehr einfach gehaltene Programmiersprachen wie processing. Weil aber die Leistungsanforderungen an Medienkunst-Projekte oft sehr hoch sind, so Lieberman, habe eine Programmiermöglichkeit gefehlt, die näher an der Hardware und damit wesentlich schneller arbeiten könne als etwa die Skriptsprache processing.

So ist die Idee entstanden, auf Basis der Programmiersprache C++ ein Framework für genau solche Zwecke zu entwickeln. Dieses Framework hat den Vorteil für Künstler, dass sie zwar programmieren müssen, aber auf einem sehr einfachen Niveau. Für alles Wesentliche gibt es bereits fertige Module, deren Funktionen sie nur noch aufrufen müssen. Man braucht also das Rad nicht neu zu erfinden und kommt schneller zu Ergebnissen.

Software als Gerüst

Durch die Organisation als Open-Source-Projekt haben Künstler und Programmierer das Framework im Laufe der Zeit um zahllose Module erweitert. Mittlerweile kümmern sich Lieberman und die Mitinitiatoren gar nicht mehr allzu viel selbst um diese Community.

In Linz hat die openFrameworks-Truppe ganz sinnbildlich ein Framework in Form eines Baugerüsts aufgestellt. In dieser im Wortsinn offenen Struktur treffen einander Mitglieder dieser Community teilweise überhaupt erstmals persönlich, denn geografisch verortet ist openFrameworks nicht, sondern wie viele andere Open-Source-Projekte großteils netzbasiert.

Im Code-Keller

Im unteren Geschoß werden die Ideen der Besucher gesammelt. Man schreibt fünf Stichworte auf eine weiße Tafel und stellt sich mit dieser vor eine Kamera. Die openFrameworks-Leute wollen auch wissen, für wen sie dann später versuchen, daraus zumindest den Entwurf eines Medienkunstprojekts zu machen. Fertige Projektentwürfe werden auf diversen Screens präsentiert.

Eingabeterminal für den Besucher-Input und Foto einer Besucherin mit ihren Stichworten

==Ideenreichtum der Besucher==

Diese Projektanforderungen hängen dann physisch, an Wäscheleinen aufgehängt, in der Warteschleife. Der Input der Besucher sei weit größer, als mit den hier anwesenden Programmierern während des Ars-Festivals zu realisieren sei, sagt Lieberman.

Erklärung für die Besucher

==Gemeinsam programmieren==

Wenn ein Projekt an die Reihe kommt, wandert es ein Stockwerk höher ins openFramework Lab. Hier arbeiten während der Ars Electronica 2008 bis zu ein Dutzend Programmierer, Medienkünstler und Coder von openFrameworks an den eingereichten Stichwörtern und lassen sich in ihrem interdisziplinären Team von diesen Begriffen inspirieren. Es herrscht eine emsige, begeisterte Arbeitsatmosphäre.

OpenFrameworks Lab [obere Etage]

Vernetzung von Kunst und Informatik

Wenn ein Projekt so weit ist, dass man dem Ideengeber etwas zeigen kann, wird dieser von openFrameworks kontaktiert.

Manchmal habe sich aus solchen Situationen oder einfachen Anfragen schon eine längerfristige Zusammenarbeit auf künstlerischem oder technischem Gebiet oder auch ein Neuzugang in der Community ergeben, so Lieberman. So besteht dieses Netzwerk heute aus interdisziplinär ausgerichteten Programmierern, Künstlern und Technikern, die auch Querverbindungen zu anderen Open-Source-Projekten pflegen, z. B. zur offenen Hardware-Plattform Arduino.

Mit dem openFrameworks Lab zeigt die Ars Electronica in diesem Jahr nicht Medienkunst, sondern eine Keimzelle, aus der solche Kunstprojekte entstehen können und die Künstlern helfen kann, die technischen Hürden auf dem Weg zu ihrem Ausdrucksvermögen zu überwinden.

Mehr zum Thema:

Bei der Ars Electronica sind heuer Studenten der Universität Tokio zu Gast, die unter dem Titel "Hybrid Ego" Arbeiten zur Mensch-Computer-Interaktion präsentieren. Dabei werden vor allem handwerkliche Fähigkeiten in den Vordergrund gerückt.

(Thomas Bredenfeld)