17 Mio. Euro für Telekomüberwachung
Mit der am Donnerstag veröffentlichten Investitionskostenverordnung des Justizministeriums werden heimischen Telekombetreibern insgesamt 17 Mio. Euro für die Installation technischer Einrichtungen für Überwachungsmaßnahmen im Auftrag des Staates vergütet.
Ein massiver Streitpunkt bei der Umsetzung staatlicher Überwachungsmaßnahmen war neben dem Datenschutz seitens der Wirtschaft auch immer die Frage des Kostenersatzes. Schließlich drohen durch die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung neue Speicherpflichten der Verbindungsdaten, was einen deutlichen Mehraufwand für die Branche bedeutet.
Kurz vor den Neuwahlen hat das Justizministerium nun eine Verordnung erlassen, die den Telekombetreibern einmalig eine Abgeltung der Investitionen für Telefonüberwachungseinrichtungen sichert.
Drei Monate Einreichfrist
Die in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie ausgearbeitete Investitionskostenverordnung sieht vor, dass 90 Prozent der Kosten für die Bereitstellung der in § 94 Abs. 1 TKG erwähnten Einrichtungen vergütet werden - die Gesamtsumme wurde aber mit 17 Millionen Euro gedeckelt.
In der Bemessungsgrundlage werden Anschaffungskosten, Einrichtungskosten, Netzanpassungskosten und Lizenzkosten berücksichtigt.
Die Verordnung tritt am 1. Oktober in Kraft. Betreiber haben dann drei Monate Zeit, ihre Ansprüche geltend zu machen.
Das Telekommunikationsgesetz 2003 verpflichtet die Provider dazu, "alle Einrichtungen bereitzustellen, die zur Überwachung einer Telekommunikation nach den Bestimmungen der StPO erforderlich sind".
Gesetze und Verordnungen:
TA: "Einigungsprozess"
"Es hat einen Einigungsprozess zwischen den Providern und der Regierung gegeben", sagte Martin Bredl, Sprecher der Telekom Austria [TA], auf Anfrage von ORF.at. "Das Geld deckt einen Teil der Kosten für den Einbau genormter Schnittstellen zur Überwachung der Telekommunikation."
Wie viel Geld der Einbau dieser Schnittstellen - gemeint sind die vom europäischen Telekommunikationsnormungsinstitut ETSI unter Regie von Geheimdienstlern und Strafverfolgern genormten Systeme - die TA letztlich gekostet hat, mochte Bredl nicht verraten: "Wir haben diese Zahlen nie publiziert."
Die Kosten
Der Kostenersatz betreffe, so Bredl, nur die einmaligen Investitionen in die Implementierung besagter ETSI-Überwachungsschnittstelle und auch nur die richterlich angeordneten Überwachungsmaßnahmen. Einzelne Überwachungsmaßnahmen werden gemäß Überwachungskostenverordnung abgegolten.
Die "Ermittlung einer Funkzelle" vergütet der Staat dem Provider mit 148 Euro, die "Einrichtung pro Funkzelle" mit 64 Euro. Mit der am 6. Dezember 2007 verabschiedeten Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz [SPG] dürfen die Fahnder allerdings auch ohne richterliche Genehmigung bei "Gefahr im Verzug" bei den Providern Handy-Standortdaten abfragen. Laut einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des LIF-Abgeordneten Alexander Zach von Mitte Juni 2008 hat die Polizei im Zeitraum vom 1. Jänner bis zum 30. April 2008 insgesamt 3.863 Anfragen gemäß SPG durchgeführt.
Davon sind allerdings nicht alle kostenpflichtig, da die Internet-Provider laut § 53 Abs. 3a SPG die Auskünfte über IP-Adressen "unverzüglich und kostenlos" zu erteilen haben. Die Telefonieanbieter werden vom Staat gemäß Überwachungskostenverordnung entschädigt.
Warten auf die Vorratsdatenspeicherung
In den 17 Millionen Euro ebenso nicht enthalten sind die Kosten, die auf Staat und Provider - also letztlich auf die Bürger - im Rahmen der mindestens sechsmonatigen Vorratsspeicherung [VDS; Data-Retention] sämtlicher Telefonie- und Internet-Verbindungsdaten zukommen.
Die entsprechende EG-Richtlinie ist bisher in Österreich vom federführenden Infrastrukturministerium unter Werner Faymann [SPÖ] nicht umgesetzt worden, da derzeit eine Klage der Republik Irland gegen die Richtlinie vor dem EU-Gerichtshof verhandelt wird.
Wie teuer die VDS wirklich werden wird, ist noch nicht sicher. Der Wiener Informatikprofessor Wilfried Gansterer hatte bei einer Diskussionsveranstaltung im Februar die Kosten für eine Umsetzung der VDS [nur E-Mail-Speicherung] bei einem Internet-Provider mit 500.000 Kunden im ersten Jahr auf eine Million Euro im ersten Jahr und 500.000 Euro pro Folgejahr beziffert. Der deutsche Internet-Wirtschaftsverband eco schätzte im März 2008 die Kosten für die Implementierung der VDS bei deutschen Internet-Providern auf 330 Millionen Euro.
Schon jetzt fallen für die Betreiber einige Speicherpflichten an, extreme Kosten fürchten die Betreiber aber durch die vorerst in Österreich nicht umgesetzte EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung.
(futurezone | Nayla Haddad | Günter Hack)